Rz. 324

Aufgrund der Vielzahl von internationalen Übereinkommen und Regeln auf dem Gebiet der Anerkennung von Entscheidungen auf dem Gebiet des Unterhaltsrechts ist vorrangig zu prüfen, welche Rechtsgrundlage im Verhältnis zu dem ausländischen Staat gilt, aus dem die Unterhaltsentscheidung stammt:

 

Rz. 325

a) Entscheidungen aus einem anderen Mitgliedstaat der EU, der durch das HUntProt gebunden ist, werden gem. Art. 17 ff. EU-UnterhaltsVO anerkannt und vollstreckt, ohne dass es eines vorherigen Anerkennungsverfahrens (Exequatur) bedarf. Eine Nachprüfung der Entscheidung ist gem. Art. 19 EU-UnterhaltsVO ausschließlich im Ursprungsstaat möglich. Insoweit besteht nun absolute Freizügigkeit der Titel. Es darf nicht einmal die Übersetzung der Entscheidung verlangt werden (Art. 20 Abs. 2 EU-UnterhaltsVO). Auch eine Apostille kann nicht verlangt werden (Art. 65 EU-UnterhaltsVO). Zusätzliches Erfordernis im Vergleich zur Inlandsvollstreckung ist allein die Anbringung eines vom Ursprungsmitgliedstaat ausgefüllten Formblatts nach Anhang I zur EU-UnterhaltsVO.

 

Rz. 326

b) Entscheidungen aus einem Mitgliedstaat der EU, der nicht durch das HUntProt gebunden ist – gegenwärtig sind das Dänemark und das Vereinigte Königreich –, werden auf der Basis der Art. 23 ff. EU-UnterhaltsVO anerkannt. Allerdings gilt hier das Erfordernis des Exequatur weiter (Art. 26 EU-UnterhaltsVO). Auch kann der Entscheidung die Anerkennung versagt werden, wenn sie dem ordre public des Anerkennungsstaates widersprechen würde (Art. 24 lit. a EU-UnterhaltsVO). Zur Vollstreckung deutscher Titel in diesen Staaten kann auch nach der EG-VO über den Europäischen Vollstreckungstitel (EUVTVO) vorgegangen werden.[414]

 

Rz. 327

c) Für Urteile aus Island, Norwegen und der Schweiz gilt das sog. Luganer Abkommen II vom 30.10.2007 (LugÜ-II). Das bedeutet, dass Unterhaltsentscheidungen gegenseitig anerkannt und vollstreckt werden. Allerdings ist vor der Vollstreckung eine Vollstreckbarerklärung (Exequatur) gem. Art. 38 ff. LugÜ-II erforderlich.

 

Rz. 328

d) Entscheidungen aus anderen Staaten (also weder EU- noch Lugano II-Staaten) werden in Deutschland auf der Basis von § 108 FamFG anerkannt und nach Exequatur gem. § 110 FamFG vollstreckt.[415]

[414] Vgl. auch Zöller/Geimer, 33. Aufl. 2020, Art. 1 UntVO Rn 11: nur im Vereinigten Königreich.
[415] Dose, in: Coester-Waltjen/Lipp/Schumann/Veit, Europäisches Unterhaltsrecht, 2009, S. 83.

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