Rz. 238

Aus der Anknüpfung an die Person der Eheleute ergibt sich die Einheitlichkeit des Güterstatuts: Dieses gilt grundsätzlich für das gesamte Vermögen der Eheleute, gleich welcher Art und wo belegen. Dennoch können sich Durchbrechungen ergeben:

 

Rz. 239

Gemäß Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB können die Eheleute für Immobilien die Geltung des am Belegenheitsort geltenden Güterrechts anordnen. Im Gegensatz zu Art. 25 Abs. 2 EGBGB gilt dies auch für Auslandsimmobilien, so dass also auch deutsche Eheleute von dieser Option zugunsten des ausländischen Rechts Gebrauch machen könnten. In manchen Gegenden Deutschlands sind solche Klauseln in Grundstückskaufverträgen unter Beteiligung ausländischer Eheleute nahezu standardmäßig vorgesehen, um die Abwicklung des Grundstückserwerbs zu beschleunigen. Von den güter- und erbrechtlichen Problemen, die hierbei aufgeworfen werden,[325] machen sich die Beteiligten in den seltensten Fällen Vorstellungen; diese sind bereits an anderer Stelle dargestellt worden.

 

Rz. 240

Hinweis: Zur Bestimmung des Güterstatuts bei Ausländern mit Grundbesitz im Inland ist es daher unverzichtbar, die entsprechenden Erwerbsverträge einzusehen.

 

Rz. 241

Weiterer Hinweis: Rück- und Weiterverweisungen durch das Recht eines Staates, der das Güterstatut nicht einheitlich anknüpft, können aus deutscher Sicht zur Vermögensspaltung führen.

 

Rz. 242

Für im Ausland belegenes Vermögen kann sich ein über Art. 3a Abs. 2 EGBGB zu beachtendes vorrangiges Einzelstatut ergeben. So setzt sich in vielen Ländern des angloamerikanischen Rechtskreises (England, Schottland, USA, Kanada) für die Eigentumsverhältnisse der Eheleute am Vermögen das jeweilige Belegenheitsrecht durch.[326]

Beispiel: Erwirbt ein italienischer Ehemann, der mit seiner italienischen Ehefrau im gesetzlichen Güterstand der communione legale italienischen Rechts lebt, ein Grundstück in Wales, so wird dieses aus englischer Sicht nicht Teil der Gütergemeinschaft, sondern steht entsprechend englischem Recht (Gütertrennung) dem Ehemann allein zu. Über Art. 3a Abs. 2 EGBGB wird diese Durchbrechung des güterrechtlichen Gesamtstatuts auch aus deutscher Sicht berücksichtigt.[327]

 

Rz. 243

Folge der Spaltung ist, dass einzelne Teile des Vermögens einem anderen Güterstatut unterliegen als der Rest des Vermögens. Daher sind diesbezüglich die güterrechtlichen Folgen (die güterrechtliche Zuordnung der Vermögensgegenstände, die Haftung für die Verbindlichkeiten des anderen, die Wirksamkeit einer güterrechtlichen Vereinbarung und schließlich auch die Auseinandersetzung bei Beendigung des gesetzlichen Güterstands durch Scheidung oder Tod etc.) gesondert zu beurteilen. Insbesondere führt die Spaltung auch zu einer Art "isolierten Betrachtungsweise", bei der jeder Teil so zu behandeln ist, als ob es den anderen Teil nicht gäbe. Ein wechselseitiger Ausgleich findet also nicht statt:

Beispiel: Bei der Anwendung von § 1365 BGB gilt die Verfügung über das deutschem Güterstatut unterliegende Vermögen als Verfügung über das Vermögen im Ganzen – selbst wenn der betroffene Gegenstand nur einen geringen Teil des gesamten Vermögens des Verfügenden ausmacht, aber eben der einzige Gegenstand ist, der dem deutschen Güterrecht unterliegt (z.B. das einzige Grundstück, das aufgrund Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB deutschem Güterrecht unterliegt). Auch bei der Berechnung eines Zugewinnausgleichs ist ausschließlich das dem deutschen Güterstatut unterstehende Vermögen zu betrachten, gleichsam als ob die Eheleute kein weiteres Vermögen besäßen. Das vorgenannte Grundstück wäre demnach, da der Ehemann bei Vereinbarung der Rechtswahl kein deutschem Güterrecht unterliegendes weiteres Vermögen besitzt, bei einer Scheidung insgesamt als ehelicher Zugewinn zu behandeln und zu teilen. Das kann zu Verwerfungen führen, wenn für das übrige Vermögen Gütertrennung gilt.

 

Rz. 244

Unter der EUGüVO ist die Spaltung des Güterstatuts rechtlich ausgeschlossen. Eine Spaltung durch Rechtswahl ist nicht möglich, da Art. 22 EUGüVO eine gegenstandsbezogene Rechtswahl vergleichbar Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB nicht vorsieht. Eine Spaltung durch Rückverweisung kommt ebenfalls nicht in Betracht, da Art. 32 EUGüVO die Beachtung ausländischen Güterkollisionsrechts ausschließt.

[325] Siehe hierzu Süß, ZNotP 1999, 385.
[326] So zumindest die h.M., z.B. BGH NJW 1993, 1921; Rauscher, Internationales Privatrecht, 3. Aufl. 2009, Rn 761; ausführlicher Überblick bei Bosch, Die Durchbrechung des Gesamtstatuts im internationalen Ehegüterrecht, 2002, S. 191 ff.; zur Gegenansicht insb. Soergel/Schurig, 12. Aufl. 1996, Art. 15 EGBGB Rn 66.
[327] Freilich ist zu berücksichtigen, dass diese Durchbrechung nicht für die güterrechtlichen Ausgleichsansprüche der Ehefrau bei Beendigung der Ehe durch Scheidung gilt, weil der "Zugewinnausgleich" nach dem in England und Wales geltenden System nicht der lex situs, sondern der lex fori unterstellt wird (siehe v. Hertzberg/Odersky, Länderbericht Großbritannien: England und Wales in diesem Buch).

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