Rz. 300

Soweit das deutsche Gericht auf der Basis der Brüssel IIa-VO auch über die Verteilung der elterlichen Sorge entscheidet, so gilt – mangels eines einheitlichen EU-Aktes auch zum Kindschaftsrecht – weiterhin das bislang geltende Kollisionsrecht (Art. 62 Abs. 1 Brüssel IIa-VO). Soweit das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat des KSÜ[386] hat, gelangt insoweit freilich nicht die autonome Kollisionsnorm in Art. 21 EGBGB zur Anwendung. Vielmehr haben die deutschen Gerichte – bei Aufenthalt des Kindes im Inland – ihre Entscheidung gem. Art. 2 Abs. 1 MSA bzw. Art. 15 Abs. 1 KSÜ auf der Grundlage der deutschen lex fori zu treffen.[387] Die Probleme, die sich unter der Geltung des MSA aufgrund der umstrittenen Heimatrechtsklausel in Art. 3 MSA ergaben, stellen sich unter dem KSÜ nicht mehr. Sie bleiben daher dem Verhältnis zur Türkei vorbehalten, in dem weiterhin das MSA gilt. Soweit das MSA bzw. KSÜ nicht anwendbar ist (also bei gewöhnlichem Aufenthalt des Kindes in einem ausländischen Staat, der nicht einem der beiden Abkommen beigetreten ist), dennoch aber über die Brüssel IIa-VO die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte begründet worden ist, kommt gem. Art. 21 EGBGB das Aufenthaltsrecht des Kindes zur Anwendung.

[386] Vgl. Ring/Olsen-Ring, § 1 Rdn 409.
[387] Vgl. Kropholler, Internationales Privatrecht, 6. Aufl. 2004, S. 397.

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