Rz. 315

§ 108 FamFG geht davon aus, dass die ausländische Entscheidung im Inland grundsätzlich anzuerkennen ist und nur unter bestimmten Voraussetzungen die Anerkennung verweigert werden darf. Diese Ablehnungsgründe lauten wie folgt:

Das Urteilsgericht war aus deutscher Sicht international nicht zuständig (§ 109 Abs. 1 Nr. 1 FamFG). Dabei wird die internationale Zuständigkeit in entsprechender Projektion der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte aus § 98 Abs. 1 FamFG auf den Urteilsstaat begründet, so dass es z.B. genügt, wenn einer der Ehegatten dem Urteilsstaat angehörte (vgl. § 98 Abs. 1 Nr. 1 FamFG) oder zumindest einer von ihnen dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte – ohne dass es auf die Anerkennung des Urteils im Heimatstaat ankommt (vgl. § 98 Abs. 1 Nr. 2 bzw. 4 FamFG). Bei der Feststellung der Staatsangehörigkeit in diesem Rahmen gilt nicht Art. 5 Abs. 1 EGBGB, so dass die ausländische Staatsangehörigkeit eines der Ehegatten selbst dann genügt, wenn dieser daneben auch die deutsche Staatsangehörigkeit hatte.[400] Die Anerkennungszuständigkeit wird schließlich angenommen, wenn das Scheidungsurteil in den Heimatstaaten der Eheleute anerkannt wird, ohne dass es darauf ankommt, aus welchem Grund sich die Zuständigkeit herleitet (§ 109 Abs. 2 S. 2 FamFG).[401]
Die Scheidungsklage ist dem Beklagten nicht ordnungsgemäß zugestellt worden (§ 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG). Dieser Grund wird freilich nur berücksichtigt, wenn der Beklagte sich auf das Scheidungsverfahren nicht eingelassen hat und nun selber die Verletzung dieses Rechts rügt.
Dem Urteil steht die Rechtskraft einer zuvor ergangenen und in Deutschland anzuerkennenden rechtskräftigen ausländischen Entscheidung oder einer Entscheidung eines deutschen Gerichts entgegen. Dabei muss die inländische Entscheidung nicht vor dem ausländischen Urteil ergangen sein, dessen Anerkennung nun begehrt wird. Ähnliches gilt, wenn das ausländische Verfahren erst nach Rechtshängigkeit der Sache im Inland anhängig geworden ist (§ 109 Abs. 1 Nr. 3 FamFG). Freilich wird in einem solchen Fall der Beklagte die Rechtshängigkeit im Ausland schon der in Deutschland eingereichten Klage entgegenhalten.
Die Anerkennung des ausländischen Urteils führt zu einem Ergebnis, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts (ordre public) offensichtlich unvereinbar ist (§ 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG). Dieser verfahrensrechtliche ordre public ist vom kollisionsrechtlichen ordre public in Art. 6 EGBGB zu trennen, denn manch eine Entscheidung, die ein deutsches Gericht so nicht fällen dürfte, kann man dennoch in ihren Wirkungen als fait accompli im Inland ohne größere Probleme hinnehmen.[402] Freilich kann sich der Verstoß nicht nur aus dem materiellen Inhalt, sondern auch aus der Verletzung wesentlicher rechtsstaatlicher Verfahrungsgrundsätze ergeben, soweit diese nicht bereits in § 109 Abs. 1 Nr. 2 und 3 FamFG niedergelegt sind. Insoweit ist der Anwendungsbereich des verfahrensrechtlichen ordre public also weiter.
 

Rz. 316

Die Anerkennung ist ausdrücklich nicht davon abhängig, dass die Gegenseitigkeit (vgl. § 109 Abs. 4 FamFG) verbürgt ist. Auch hängt sie nicht davon ab, dass dem ausländischen Urteil das aus deutscher Sicht geltende Scheidungsstatut zugrunde gelegt wurde[403] bzw. die Scheidung danach zumindest möglich gewesen wäre, denn dieses Erfordernis aus § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F. (IPR-Vorbehalt) ist 1986 gestrichen worden (vgl. jetzt ausdrücklich § 109 Abs. 5 FamFG: keine revision au fond).[404]

[400] Staudinger/Spellenberg, IntVerfREhe, 2005, § 328 ZPO Rn 333 mit Hinweisen auf die früher abweichende Rechtsprechung.
[401] Vgl. Kropholler, Internationales Privatrecht, 6. Aufl. 2004, S. 653.
[402] Staudinger/Spellenberg, IntVerfREhe, 2005, § 328 ZPO Rn 445.
[403] OLG Köln FamRZ 1998, 1304; Wagner, FamRZ 2006, 747.
[404] Vgl. Kropholler, Internationales Privatrecht, 6. Aufl. 2004, S. 676.

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