I. Rechtsvergleichender Überblick

 

Rz. 330

Während lange Zeit die Ehe die einzige rechtlich anerkannte gleichberechtigte Verbindung mit familienrechtlichen Wirkungen war, entwickeln sich seit einigen Jahren auf diesem Gebiet zahlreiche juristische Alternativangebote. Grob kann man diese aktuell wie folgt einordnen:

Zunächst ist die faktische Lebensgemeinschaft von Mann und Frau zu nennen. Diese ist zwar noch nicht in Deutschland, wohl aber in immer mehr anderen Ländern gesetzlich geregelt, bis zur Erstreckung einzelner zivilrechtlicher Ehewirkungen auf die faktische Gemeinschaft (Kroatien, Slowenien, Ungarn, Spanien).
Dazu gesellt sich die registrierte Partnerschaft, die sich von der klassischen nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch eine gewisse Formalisierung und eine weitergehende Annäherung an die Rechtswirkungen einer Ehe unterscheidet, in ihren familienrechtlichen und sonstigen Wirkungen jedoch einen gewissen Abstand zur Ehe wahrt, also evt. kein gesetzliches Erb- und Güterrecht kennt (was aber nicht zwingend ist) und jederzeit ohne besonderes Verfahren aufgelöst werden kann ("Ehe light", wie z.B. PACS nach französischem Recht, die cohabitation legale in Belgien oder die eingetragene Partnerschaft nach niederländischem, luxemburgischen und maltesischem Recht). Diese nichteheliche registrierte Lebensgemeinschaft wird in manchen Ländern nicht nur heterosexuellen, sondern auch homosexuellen Paaren zur Verfügung gestellt (so z.B. in Frankreich und den Niederlanden).
Es wird ein spezielles Rechtsinstitut geschaffen, das nur gleichgeschlechtlichen Partnern offensteht, von Begründung, Wirkungen und der Auflösung her aber weitgehend der Ehe angeglichen ist (eingetragene Lebenspartnerschaft in Deutschland, Dänemark, Griechenland, Ungarn, Slowenien, der Schweiz, Österreich, Kroatien, in der Tschechischen Republik und in Spanien, civil union in England und Irland etc.).
Schließlich wird in immer mehr Ländern die Ehe homosexuellen Paaren geöffnet (wie z.B. in den Niederlanden, Frankreich, Spanien, Luxemburg, Portugal, den USA, Brasilien, Irland, England, Island, Norwegen, Portugal, Schweden und Belgien), und nun auch in Deutschland.

II. Qualifikation

 

Rz. 331

Die oben aufgefächerte Vielfalt von neuartigen Rechtsformen wirft in Deutschland kollisionsrechtliche Qualifikationsprobleme auf. Als kodifizierte Kollisionsnormen stehen Art. 13 EGBGB (Ehe) und Art. 17b EGBGB (Eingetragene Lebenspartnerschaft) zur Verfügung. Damit ergeben sich für die kollisionsrechtliche Behandlung grundsätzlich vier Optionen: die unmittelbare Zuordnung zu Art. 13 EGBGB, zu Art. 17b EGBGB, eine Analogie zu den Art. 13 ff. EGBGB, die Herausbildung einer eigenen Kollisionsnorm und schließlich die Verbannung aus dem internationalen Familienrecht in das internationale Schuldvertragsrecht (Art. 27 ff. EGBGB a.F. bzw. Rom I-VO).

 

Rz. 332

Der Begriff der "eingetragenen Lebenspartnerschaft" in Art. 17b EGBGB entstammt dem deutschen Lebenspartnerschaftsgesetz, welches am 1.4.2001 in Kraft getreten ist. Der Begriff ist insoweit singulär, als er sich damals ausschließlich im deutschen Recht wiederfand. Von der politischen Zielsetzung her war beabsichtigt, die gleichgeschlechtliche eingetragene Partnerschaft so weit wie möglich – ausgenommen ist im Wesentlichen das Feld der Kindschaft und der Adoption – der heterosexuellen Ehe gleichzustellen. Zu künstlichen Abgrenzungen zur Ehe kam es zunächst, weil man nicht wusste, wie das BVerfG auf das Gesetz reagieren würde. Diese Bedenken sind jedoch hinfällig geworden, nachdem das BVerfG mit Urt. v. 17.7.2002[416] insoweit keine Kollision mit dem Abstandsgebot erkannt hat. Nicht zuletzt durch die neuere Änderung des LPartG[417] hat auch der Gesetzgeber den Versuch aufgegeben, die Lebenspartnerschaft als Institut mit – wenn auch nur mit marginal und im Wesentlichen formal abweichenden – Wirkungen unterhalb der Ehe zu etablieren.

 

Rz. 333

Vor diesem historischen Hintergrund ergibt die funktionelle Analyse, dass Art. 17b EGBGB (zumindest) alle der Ehe gleichgestellten, ihr weitgehend angenäherten oder zumindest mit familienrechtlichen Wirkungen ausgestatteten registrierten Verbindungen zwischen Mann und Mann bzw. Frau und Frau erfasst. Eine nach dem Recht des Registrierungsortes als "Ehe" bezeichnete und mit den Wirkungen einer Ehe ausgestattete gleichgeschlechtliche Verbindung könnte man bei entsprechend weitgehender Auslegung des Begriffs "Ehe" in Art. 13 EGBGB als "Ehe" i.S.d. EGBGB qualifizieren oder ihr gleichstellen – auch wenn dies allen materiellen Wertungen des deutschen Rechts widerspräche.[418] Freilich stellt sich nun Art. 17b EGBGB für die institutionalisierten gleichgeschlechtlichen Verbindungen – und damit auch für die gleichgeschlechtliche Ehe – als lex specialis dar, die Art. 13 EGBGB insoweit verdrängt.[419] Das ergibt sich nun ausdrücklich aus Art. 17b Abs. 4 EGBGB. Es besteht bei nahezu identischer inhaltlicher und struktureller Vergleichbarkeit der ausländischen Rechtsinstitute mit der Lebenspartnerschaft deutschen Rechts kein Grund mehr, nur w...

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