Rz. 30

Fraglich ist, ob der pauschale Vorrang der inländischen vor der ausländischen Staatsangehörigkeit bei Mehrstaatern (Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB) auch bei der Anwendung international vereinheitlichter Kollisionsnormen Platz hat. In bilateralen Abkommen ist es akzeptabel, dass jeder Staat eine Person mit beiden Staatsangehörigkeiten als seinen Bürger behandelt. Multilaterale Abkommen mit loi uniforme-Charakter dagegen verlieren ihren auf allgemeine Rechtsvereinheitlichung angelegten Zweck, wenn die maßgebliche Staatsangehörigkeit in jedem Staat anders bestimmt wird. Daher sollte auch dann die "effektive" Staatsangehörigkeit (siehe Rdn 83) herangezogen werden, wenn das Abkommen keine ausdrückliche Kollisionsnorm zur Entscheidung des Nationalitätenkonflikts enthält. Hier ergibt die Auslegung des Abkommens nach Sinn und Zweck in den meisten Fällen die Vorrangstellung der tatsächlich effektiven Staatsangehörigkeit, so dass – entgegen der deutschen Rspr. – für die ersatzweise Bezugnahme auf Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB kein Raum bleibt.[59]

 

Rz. 31

Steht die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit alternativ neben anderen Anknüpfungen (wie z.B. bei Art. 1 Ziff. 2 des Haager Testamentsformübereinkommens von 1961) oder soll das Heimatrecht der Beteiligten zur Wahl stehen, so soll die Anknüpfung an jede der Staatsangehörigkeiten gleichberechtigt nebeneinander stehen.[60]

[59] Ebenso: v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht I, 2. Aufl. 2003, § 7 Rn 120; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, 9. Aufl. 2004, S. 934 (zu Art. 3 MSA); a.A. BGH NJW 1997, 3024.
[60] Staudinger/Blumenwitz, 2003, Art. 5 EGBGB Rn 30; Kropholler, Internationales Privatrecht, 6. Aufl. 2006, S. 267.

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