Rz. 369
Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist im deutschen Recht sowohl im materiellen Recht wie auch im IPR nicht gesetzlich geregelt. Dennoch gilt auch hier: Das EGBGB mag Lücken haben, das IPR jedoch nicht. Daher sind auch für die Behandlung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Kollisionsnormen zu bilden. Umstritten ist allein, zu welchen der bestehenden anderen Kollisionsnormen Parallelen gezogen werden können (Art. 14 ff. EGBGB bzw. Art. 17b EGBGB oder Art. 3 ff. Rom I-VO) oder ob gar völlig neuartige Anknüpfungen zu schaffen sind.
Rz. 370
Nach dem oben Gesagten (siehe Rdn 332) sind unter den Begriff der "nichtehelichen Lebensgemeinschaft" i.S.d. deutschen IPR zweifelsfrei nur solche Gemeinschaften zu qualifizieren, die heterosexuell und nicht institutionalisiert sind – denn in diesem Bereich gilt Art. 17b EGBGB ganz eindeutig nicht.
Rz. 371
Umstritten ist die Qualifikation von eingetragenen heterosexuellen Partnerschaften, wie sie in einigen Ländern als Alternative zur Ehe zur Verfügung gestellt werden ("Ehe light", z.B. in den Niederlanden, des PACS in Frankreich etc.; vgl. die Übersicht in Rdn 330). Einige Rechtsordnungen (z.B. die Niederlande, Frankreich) sehen das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft unterschiedslos für zwei Personen gleichen wie auch ungleichen Geschlechts vor. Da die homosexuelle Lebenspartnerschaft dem Lebenspartnerschaftsstatut unterliegt, böte sich an, wegen der inhaltlich gleichartigen Ausgestaltung der Rechtsinstitute sie auch dann Art. 17b EGBGB zu unterstellen, wenn die Beteiligten verschiedenen Geschlechts sind (vgl. Rdn 336). Wie bei der Qualifikation lege causae wird hier die Einheitlichkeit des ausländischen Rechtsinstituts auch in das IPR verlängert. Dennoch ist diesem Ansatz nicht zu folgen, denn die Gleichbehandlung der eingetragenen heterosexuellen Partnerschaften mit der formlosen nichtehelichen Lebensgemeinschaft bringt einige erhebliche praktische Vorteile: Zunächst unterliegt dann die Anknüpfung denselben Regeln, wenn die Beteiligten zwischen den verschiedenen Rechtsformen für ihr Zusammenleben wechseln. Auf diese Weise wird vermieden, dass sie bei einer Modifikation des rechtlichen Rahmens für ihr Lebensverhältnis wegen des Wechsels der Anknüpfungsnorm auch in ein anderes Rechtssystem wechseln. Zum anderen vermeidet man schwierige Abgrenzungsprobleme.
Rz. 372
Eine weitere umstrittene Fallgruppe ist die nicht eingetragene gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft. Hier könnte man eine analoge Anwendung von Art. 17b EGBGB in Betracht ziehen. Wie bei der nicht eingetragenen heterosexuellen Lebensgemeinschaft ist aber auch hier die Analogie nicht durchführbar, weil die Anknüpfung an den Registrierungsort nicht möglich ist. Zielführend ist daher einzig die Anknüpfung nach den für die heterosexuelle nichteheliche Lebensgemeinschaft (siehe Rdn 375 ff.) geltenden Grundsätzen.