1. Objektive Anknüpfung des Namensstatuts

 

Rz. 167

Anders als die anderen Ehewirkungen unterliegt der eheliche Name der Eheleute nicht einem gemeinsamen Recht, sondern für jeden der Eheleute grundsätzlich seinem jeweiligen eigenen Heimatrecht. Bei Mehrstaatern ist die einschlägige Staatsangehörigkeit gem. Art. 5 Abs. 1 EGBGB zu bestimmen. Für Staatenlose, Flüchtlinge etc. tritt das nach den allgemeinen Regeln bestimmte Personalstatut an die Stelle des Heimatrechts. Zu beachten sind allerdings zwei Besonderheiten:

 

Rz. 168

Zunächst hat der EuGH in der Entscheidung Avello[233] entschieden, dass bei einem Mehrstaater, der mehreren Mitgliedstaaten der EU angehört, die Namensführung nach jedem dieser Heimatrechte anerkannt werden muss. Der Beteiligte hat dann also wohl ein Wahlrecht[234] und kann sogar das Recht eines Staates wählen, mit dem ihn – außer dem formalen Band der Staatsangehörigkeit – nichts weiter verbindet.[235] Dieses Recht steht ihm aber in Deutschland gem. Art. 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB zu (siehe Rdn 169).

 

Rz. 169

Umstritten ist des Weiteren, ob der Name auch an eine erst durch die Eheschließung erworbene Staatsangehörigkeit angeknüpft werden kann. Vielfach wird dies unter Berufung auf eine Entscheidung des BGH[236] abgelehnt.[237] Freilich lebten in jener Entscheidung die Beteiligten in Deutschland, so dass die von der Ehefrau mit Eheschließung erworbene italienische Staatsangehörigkeit jedenfalls nicht die effektive war.[238] Die Ansicht der Mehrheit würde dann dazu führen, dass für die Anknüpfung des Namensstatuts der Ehefrau nach der Eheschließung die Umstände vor der Heirat weiterhin maßgeblich bleiben. Daher ist m.E. die erst mit Eheschließung erworbene Staatsangehörigkeit maßgeblich, wenn sie schon sofort die "effektive" i.S.v. Art. 5 EGBGB darstellen würde.[239]

 

Rz. 170

Die Verweisung ist keine Sachnormverweisung, Rück- und Weiterverweisungen durch das Heimatrecht sind also zu beachten. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn das ausländische Kollisionsrecht den Ehenamen nicht dem Namensstatut, sondern dem Ehewirkungsstatut unterstellt. So kann es trotz gleichlautender Kollisionsnormen – allein aufgrund einer (aus dem Gesetzestext nicht unbedingt erkennbaren) abweichenden Qualifikation – zu Rück- und Weiterverweisungen kommen.

[233] Entscheidung vom 2.10.2003, FamRZ 2004, 173.
[234] So die Schlussfolgerung bei NK-BGB/Mankowski, 3. Aufl. 2016, Art. 10 EGBGB Rn 13.
[235] Krit. daher z.B. Pintens, FamRZ 2004, 1422. Frank (StAZ 2005, 161), weist darauf hin, dass wegen der im deutschen IPR ohnehin bestehenden Wahlmöglichkeiten sich für Deutschland regelmäßig keine Änderungen ergäben, macht aber einige Sonderfälle für den Namen von Kindern aus.
[236] BGHZ 72, 163.
[237] Z.B. Palandt/Thorn, 79. Aufl. 2020, Art. 10 EGBGB Rn 12.
[238] Darauf beruft sich auch der BGH in BGHZ 72, 163, 166.
[239] So z.B. Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl. 2000, S. 77; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Mäsch, 4. Aufl. 2020, Art. 10 EGBGB Rn 40.

2. Bestimmung des Namensstatuts durch Rechtswahl

 

Rz. 171

Art. 10 Abs. 2 EGBGB sieht für Eheleute einige Wahlmöglichkeiten vor:

Sie können das Recht irgendeines Staates wählen, dem einer der Eheleute angehört (Art. 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB). Die Ausschaltung von Art. 5 Abs. 1 EGBGB ermöglicht dabei auch die Wahl eines nicht effektiven Heimatrechts eines Ehegatten mit mehrfacher Staatsangehörigkeit. Das bedeutet eine praktische Erleichterung, weil sich bei der Ausübung der Rechtswahl die Feststellung der Effektivität erübrigt.
Die Eheleute können das deutsche Recht wählen, soweit nur einer der Eheleute seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (Art. 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EGBGB).
Zunehmend wird vertreten, Art. 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EGBGB sei dahingehend erweiternd auszulegen, dass die Eheleute auch das Recht eines ausländischen Staates wählen können, in dem einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.[240] Andere verweisen auf die abschließende Formulierung und lehnen die Ausweitung der Wahlmöglichkeiten de lege lata ab.[241]
Eine weitere Wahlmöglichkeit ergibt sich daraus, dass der geschiedene deutsche Ehegatte die Rechtswahl nach der Scheidung wieder beseitigen kann.[242]
 

Rz. 172

Haben die Eheleute im Ausland geheiratet, so werden sie zumeist keine Rechtswahl ausgeübt haben. Die meisten ausländischen Rechte kennen eine solche Rechtswahl nicht, so dass der Standesbeamte die Eheleute auf diese Möglichkeiten nicht hingewiesen hat. Daher können sie die Rechtswahl in Deutschland durch Erklärung in öffentlich beglaubigter Form nachholen (Art. 10 Abs. 2 S. 2 EGBGB, § 15 PStG). Praktisch wird dies am ehesten bei der Anlegung eines Familienbuchs im Inland vorkommen.

 

Rz. 173

Hinweis: Der besondere Vorteil einer Rechtswahl liegt darin, dass für Eheleute mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit der "Ehename" dann nicht mehr für jeden Ehegatten nach einem anderen Recht bestimmt werden muss, sondern einheitlich nach dem gewählten Recht bestimmt werden kann. Dabei erhält die Rechtswahl nach Art. 10 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB nicht nur dann Bedeutung, wenn die Eheleute verschiedenen...

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