1. Eheschließung im Ausland
Rz. 125
Für die Formwirksamkeit der Eheschließung im Ausland gelten die allgemeinen Formvorschriften. Gemäß Art. 11 Abs. 1 EGBGB ist daher die Einhaltung der Formerfordernisse des Ortsrechts (lex loci celebrationis), also des Eheschließungsortes, ausreichend.
Beispiel: "Heiraten" zwei ausgelassene Deutsche auf einem Betriebsausflug in Las Vegas in einer der dort zahlreich eingerichteten Kapellen vor einem methodistischen Geistlichen oder gar im Wege der "drive through wedding" im Auto, ohne erst auszusteigen, so ist dies entsprechend dem Eherecht von Arizona auch aus deutscher Sicht als eine wirksame Eheschließung zu behandeln, soweit nur die nach deutschem Recht (Art. 13 Abs. 1 EGBGB) bestimmten materiellen Voraussetzungen vorgelegen haben. Die Folgen dieses Spaßes könnten dann nur durch eine Scheidung oder Eheanfechtungsklage in Deutschland beseitigt werden.
Rz. 126
Es genügt für die Formwirksamkeit auch die Beachtung des Geschäftsrechts (Art. 11 Abs. 1 Fall 2 EGBGB). Geschäftsrecht ist das gem. Art. 13 Abs. 1 EGBGB auf die Wirksamkeit der Eheschließung anwendbare Recht. Bei unterschiedlicher Staatsangehörigkeit der Eheleute wären dann – vorbehaltlich einer Rück- bzw. Weiterverweisung – beide Rechte zugleich (kumulativ) zu beachten.
Rz. 127
Es bedarf keiner großen Vorstellungsgabe, um zu erkennen, dass die Beachtung der Form des Heimatrechts bei der Eheschließung im Ausland sehr umständlich ist (wenn man nicht eine konsularische Eheschließung in Kauf nimmt); erst recht gilt dies bei unterschiedlicher Staatsangehörigkeit der Eheleute. Praktisch ist daher die Anwendung der lex loci celebrationis der Regelfall.
Rz. 128
Zur Form zählt auch die Frage, ob die Einschaltung eines Boten möglich ist, wie dies z.B. im italienischen Recht vorgesehen ist (Handschuhehe). Maßgeblicher Ort ist dann der Ort, an dem der Bote die Erklärung abgibt (Art. 11 Abs. 3 EGBGB). Daher kann z.B. ein in Deutschland lebender pakistanischer Flüchtling durch Einschaltung eines entsprechenden Vertreters seine Kusine in Karachi heiraten. Keine Frage der Form, sondern der materiellen Wirksamkeit ist die Heirat durch Einschaltung eines echten Vertreters, der auch die Braut aussuchen darf.
2. Eheschließung im Inland
a) Standesamtliche Eheschließung
Rz. 129
Eine Eheschließung kann in Deutschland gem. Art. 13 Abs. 4 EGBGB grundsätzlich nur in der vom deutschen Recht vorgesehenen standesamtlichen Form vorgenommen werden. Die standesamtliche Trauung ist in Deutschland also grundsätzlich zwingend. Mit der zwingenden Ortsform ist auch die Handschuhehe im Inland ausgeschlossen – selbst wenn diese von den Heimatrechten beider Eheleute gestattet sein sollte.
Rz. 130
Ausländische Beteiligte benötigen bei Eheschließung im Inland regelmäßig ein sog. Ehefähigkeitszeugnis ihrer Heimatbehörde, § 1309 BGB. Die Formulierung "wer hinsichtlich der Voraussetzungen der Eheschließung ausländischem Recht unterliegt" bedeutet, dass es genügt, dass Art. 13 Abs. 1 EGBGB hier auf ausländisches Recht verweist. Ein entsprechendes Zeugnis ist daher auch dann erforderlich, wenn letztlich doch deutsches Recht gilt, weil das Heimatrecht eine Rückverweisung auf deutsches Recht ausspricht. Als "ausländisches Recht" wird hier also auch das ausländische IPR verstanden. Verweist dagegen Art. 13 Abs. 1 EGBGB trotz ausländischer Staatsangehörigkeit unmittelbar auf das deutsche Recht (wegen deutschen Personalstatuts aus anderen Gründen, z.B. bei Flüchtlingen, Mehrstaatern), ist ausländisches Recht nicht anwendbar, so dass kein Ehefähigkeitszeugnis einzuholen ist.
Rz. 131
Freilich wird die ausländische Behörde das Zeugnis nach den Vorschriften des aus ihrer Sicht anwendbaren Rechts ausstellen. Dies muss nicht unbedingt das Recht sein, welches aus deutscher Sicht anzuwenden wäre. Insoweit führt die zusätzliche Beachtung der ausländischen Perspektive zur Verhinderung aus deutscher Sicht wirksamer und nur aus Sicht des Heimatstaats unwirksamer Ehen (sog. hinkende Ehen). Freilich ist dieses Argument an dieser Stelle höchst irreführend: Besteht das Ehehindernis aus der Sicht des Heimatstaates wie auch zugleich aus deutscher Sicht, wäre die Ehe auch aus deutscher Sicht nichtig, eine hinkende Ehe entstände nicht; besteht das Hindernis nur aus ausländischer, nicht aber aus deutscher Sicht, muss der Standesbeamte die Ehe auf Antrag der Eheleute dennoch schließen, auch wenn sie nach dem Heimatrecht nichtig wäre, denn er ist nur an das deutsche Recht – bzw. das aus deutscher Sicht anwendbare ausländische Recht – gebunden. Eine Rechtsgrundlage für die Beachtung von Ehehindernissen, die sich aus einem aus deutscher Sicht nicht anwendbaren Recht ergeben, gibt es nicht. Aus Art. 13 Abs. 2 EGBGB folgt vielmehr das Gegenteil.
Rz. 132
In vielen Fällen klappt es mit dem Ehefähigkeitszeugnis nicht, z.B. weil die Heimatbehörden keine entsprechenden Zeugnisse ausstellen. Zu diesen Staaten gehört die Mehrzahl der Staaten, z....