Rz. 376
Die Anforderungen an das Zustandekommen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind in den Rechten der Staaten, die der Lebensgemeinschaft besondere familienrechtliche Wirkungen zuweisen, sehr unterschiedlich. So werden in einigen lateinamerikanischen Staaten fünf Jahre Zusammenleben verlangt, in Kroatien geht die Rspr. von drei Jahren aus, in manchen Ländern wiederum wird auf eine fixierte Mindestdauer verzichtet. Hierbei stellt sich dann die Frage, ob bei der Prüfung der einzelnen Rechtsfolgen das Bestehen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach einem gesondert anzuknüpfenden Begründungsstatut zu prüfen ist, welches analog Art. 13 Abs. 1 EGBGB an die Staatsangehörigkeit der Lebensgefährten bzw. gem. Art. 14 Abs. 2 EGBGB an den gewöhnlichen Aufenthalt der Lebensgefährten anzuknüpfen ist (Vorfrage). Die Alternative besteht darin, die Voraussetzungen jeweils unmittelbar dem für die Rechtsfolgen maßgeblichen materiellen Recht zu entnehmen, quasi als unselbstständige Frage, die im Wege der Qualifikation vom Statut der Hauptfrage erfasst wird. Vorteil ersteren Verfahrens wäre, dass das Bestehen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft einheitlich für sämtliche Rechtsbeziehungen und einheitlich für beide Partner feststände. So könnte z.B. bei der gegenseitigen Erbfolge auf beiden Seiten das Bestehen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft – so sie denn nach beiden Erbstatuten zur gesetzlichen Erbfolge führt – einheitlich festgestellt werden.
Rz. 377
Freilich ist die "nichteheliche Lebensgemeinschaft" anders als z.B. die Ehe noch kein allgemein anerkannter und austauschbarer Typusbegriff. Dazu sind die Voraussetzungen (Dauer der Lebensgemeinschaft, Registrierung etc.) und Wirkungen in den einzelnen Rechtsordnungen noch zu unterschiedlich. Darüber hinaus stehen die Rechtsfolgen und die Anforderungen an das Vorliegen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft häufig in einem inneren Zusammenhang. Je stärker die Wirkungen sind, desto höher sind oft die Anforderungen an das Zustandekommen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Dieser Zusammenhang würde durch die Verweisung auf unterschiedliche Rechtsordnungen (depeçage) zerrissen. Demgemäß verzichtet in Deutschland ein anderer Teil der Lehre auf ein besonderes Statut für die Feststellung des Bestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft.
Rz. 378
Etwas anderes gilt hier selbst dann nicht, wenn die Lebensgemeinschaft nicht rein faktisch ist, sondern durch Registrierung, notariellen Vertragsabschluss o.Ä. in einem institutionalisierten Verfahren begründet wird. Auch eine institutionalisierte heterosexuelle Lebensgemeinschaft erleidet daher mit einer Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts der Lebenspartner einen Statutenwechsel.