Rz. 379
Verfolgt man den oben dargelegten Grundsatz der Analogie zum internationalen Eherecht (siehe Rdn 375), so gilt über Art. 22 Abs. 1 lit. a EUGüVO das Recht des Staates, in dem beide Lebensgefährten ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten.
Rz. 380
Überlegenswert wäre auch die entsprechende Anwendung der EUPartVO. Freilich hat die Anwendbarkeit der EUPartVO allein den Grund für sich, dass es sich weder bei der eingetragenen Partnerschaft noch bei der faktischen nichtehelichen Lebensgemeinschaft um eine Ehe handelt. Die Anwendung der EuPartVO verlangt zwingend die Registrierung der Beziehung (Art. 3 Abs. 1 lit. a EUPartVO). Auch bringt die Anwendung der EUPartVO nicht weiter, denn bei einer nicht registrierten Partnerschaft lässt sich nicht feststellen "nach welchem Recht die eingetragene Partnerschaft begründet wurde", weil sie eben gerade ohne Bezugnahme auf ein bestimmtes Recht begründet wurde. Unangemessen wäre es auch, so lange nach einer Rechtsordnung zu suchen, bis man eine Rechtsordnung findet, die die gewünschte Rechtsfolge vorsieht – denn der in Anspruch genommene andere Partner würde gerade auf der Anwendung einer anderen Rechtsordnung bestehen.
Rz. 381
Umstritten ist, ob auch die unwandelbare Anknüpfung an die Umstände zum Zeitpunkt der Begründung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft vollzogen werden soll. Dies ist vor allem von Bedeutung, wenn die Lebensgefährten zwischendurch ihren Aufenthaltsstaat gewechselt haben. Die besondere Schwierigkeit bei der unwandelbaren Anknüpfung ergibt sich bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft daraus, dass nicht auf die Eheschließung abgestellt werden kann, sondern ein bestimmter Zeitpunkt für die Begründung der Lebensgemeinschaft nachträglich ermittelt werden muss. Die wandelbare Anknüpfung vereinfacht die Abwicklung hier nicht unbedingt, denn sie führt u.U. dazu, dass verschiedene Vermögensmassen bzw. Ausgleichsansprüche aus vergangenen Perioden nebeneinander berechnet und aufgelöst werden müssen, was noch komplizierter wäre.
Rz. 382
Vorzugswürdig ist daher die Ansicht, die Art. 26 EUGüVO quasi auf den Kopf stellt und das bei Auflösung der Lebensgemeinschaft gem. Art. 26 EUGüVO ermittelte Recht rückwirkend anwendet. Dies gilt in besonderer Weise deshalb, als es bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft regelmäßig nicht um die Rechtsbeziehungen während des (einträchtigen) Bestands der Lebensgemeinschaft geht, sondern um Ausgleichs- und sonstige Ansprüche nach Beendigung des Konkubinats. Effektiv läuft dies aber dann auf eine entsprechende Anwendung von Art. 14 Abs. 2 EGBGB in der seit dem 29.1.2019 geltenden Fassung hinaus.
Rz. 383
Ausgenommen hiervon ist freilich auch hier die durch einen formellen Akt begründete institutionalisierte nichteheliche Lebensgemeinschaft. Wird diese durch die Registereintragung, einen Vertragsschluss in öffentlicher Urkunde oder in anderer Weise begründet, so verleiht die unwandelbare Anknüpfung Sicherheit bei der vertraglichen Ausgestaltung und schützt die vernünftigen Erwartungen der Beteiligten. Auch bereitet es keine Probleme, den Zeitpunkt der Begründung und die dann für die Anknüpfung maßgeblichen Umstände wie Staatsangehörigkeit und gewöhnlichen Aufenthalt später noch festzustellen. Hier ist die unwandelbare Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit oder den gewöhnlichen Aufenthalt der Beteiligten bei Begründung gerechtfertigt. Freilich wird auch bei der heterosexuellen eingetragenen bzw. registrierten Lebensgemeinschaft nunmehr die EUPartVO zur Anwendung gelangen.
Rz. 384
Schließlich bedingt die entsprechende Anwendbarkeit der EUGüVO auch die beschränkte Rechtswahl nach Art. 22 EUGüVO. Problematisch ist hier die erforderliche Form für die Rechtswahl. Art. 23 Abs. 2 bis 4 EUGüVO verlangen hier bei Abschluss des Vertrages durch in Deutschland lebende Lebensgefährten die notarielle Beurkundung wie bei einem Ehevertrag. Die Anwendung dieser Formvorschrift auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist deswegen unangemessen, weil der Abschluss eines Lebenspartnerschaftsvertrages – anders als des Ehevertrages – in Deutschland formfrei möglich ist. Daher ist die Verweisung auf die Form eines Ehevertrages verfehlt und im Rahmen der "analogen Anwendung" der EUGüVO teleologisch zu reduzieren. Damit verbleibt es bei der durch Art. 23 Abs. 1 EUGüVO verlangten Mindestform.
Rz. 385
Hinweis: Die Verweisung auf ein bestimmtes Recht gilt unabhängig davon, ob dieses Recht die nichteheliche Lebensgemeinschaft als familienrechtliches Institut kennt oder nicht. Gilt also für den Vermögensausgleich das deutsche Recht, so ist nicht das eheliche Vermögensrecht heranzuziehen, sondern es gelten die Regeln, die die Rspr. für die gesetzlichen Folgen im Schuldrecht (Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht, Geschäftsführung ohne Auftrag etc.) herausgebildet hat. Haben die Lebenspartner eine ausdrückliche schuldrechtliche Vereinbarung getroffen wie unter Dritten (also z.B. einen Arbeitsvertrag, einen in...