Rz. 143
Das auf die Begründung des Verlöbnisses anwendbare Recht ist gesetzlich nicht bestimmt. Es wird in Deutschland weit überwiegend durch eine entsprechende Anwendung der eherechtlichen Kollisionsnormen (Art. 13 Abs. 1 EGBGB analog) angeknüpft.
Rz. 144
Für die materiellen Voraussetzungen gilt auf Seiten der Verlobungswilligen ihr jeweiliges Personalstatut, regelmäßig also ihr Heimatrecht. Gehören die Beteiligten verschiedenen Staaten an, sind also mehrere Rechtsordnungen nebeneinander zu beachten, sollte es nicht schon durch Rück- oder Weiterverweisung auf beiden Seiten zur Geltung desselben Rechts kommen.
Rz. 145
Hinweis: Problematisch ist hier der Fall, dass das für einen der beiden Beteiligten geltende Recht kein Verlöbnis mehr kennt – wie dies z.B. in den vormals sozialistischen Rechtsordnungen regelmäßig weiterhin der Fall ist. Überwiegend nimmt man an, das Zustandekommen werde hierdurch nicht gehindert.
Rz. 146
Für die Formwirksamkeit des Verlöbnisses gilt das allgemeine Formstatut aus Art. 11 Abs. 1–3 EGBGB. Hier kommt Art. 13 Abs. 3 EGBGB auch nicht analog zur Anwendung.
Rz. 147
Was die Folgen des Verlöbnisbruchs, also insbesondere den berüchtigten Kranzgeldanspruch und andere Ansprüche bei Beendigung des Verlöbnisses angeht, so ist die Rechtslage weniger eindeutig. Die Rspr. wendet das Heimatrecht des in Anspruch Genommenen an. Das ist unausgewogen, denn so könnte bei unterschiedlicher Staatsangehörigkeit der Verlobten u.U. der eine straffrei das Verlöbnis brechen, während der andere bei Bruch desselben Verlöbnisses nach seinem Heimatrecht zahlen müsste. Es wären also im Wege der "Angleichung" dann die Folgen stets auf das Niveau des Heimatrechts des Anspruchstellers abzusenken. In der Lehre wird daher vielfach für die Anwendung des am gewöhnlichen Aufenthalt der Beteiligten geltenden Rechts plädiert. Für die Anwendbarkeit des Aufenthaltsrechts gibt es gute Gründe, denn dies ist das "Umweltrecht" der Beteiligten. Überzeugend ist daher die entsprechende Anwendung von Art. 14 EGBGB – zumal seit der Neufassung zum 29.1.2019 Art. 14 Abs. 2 EGBGB vorrangig auf das Aufenthaltsrecht der Parteien verweist. Aber auch die Rechtswahl in Art. 14 Abs. 1 EGBGB sollte Verlobten eröffnet sein.
Rz. 148
Rückverweisungen sind auch hier uneingeschränkt zu beachten, z.B. wenn das ausländische Recht auch bei gemeinsamer Staatsangehörigkeit der Beteiligten vorrangig das Aufenthaltsrecht gelten lässt.
Rz. 149
Hinweis: Eine kollisionsrechtliche Spezialität ergibt sich, wenn im ausländischen Heimatrecht der Verlobten (wie beispielsweise im französischen) die Folgen des Verlöbnisbruchs nicht nur materiell als unerlaubte Handlung behandelt werden, sondern auch kollisionsrechtlich deliktsrechtlich qualifiziert werden. Hier folgt dann bei gewöhnlichem Aufenthalt der Verlobten in Deutschland aus der deliktsrechtlichen Kollisionsnorm im ausländischen Heimatrecht der Verlobten regelmäßig die Verweisung auf das deutsche Tatortrecht. Auch ein solcher Renvoi kraft abweichender Qualifikation führt aus deutscher Sicht gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB zur Geltung deutschen Verlöbnisrechts.