Prof. Dr. Rainer Deininger
I. Einkommensteuer
Rz. 152
Das deutsche Steuerrecht sieht keine Maßnahmen vor, wonach die Doppelbesteuerung (Wegzugsteuer in Deutschland, Besteuerung der Veräußerung im Zuzugsstaat) verhindert würde. Insbesondere erfolgt keine Anrechnung ausländischer Steuern auf die nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 UmwStG, § 6 AStG oder § 2 AStG erhobenen Steuern. Denn eine Steueranrechnung nach § 34c Abs. 1 EStG kommt nur bei Vorliegen von ausländischen Einkünften i.S.v. § 34d EStG in Betracht. Im Rahmen der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften müssten diese Gesellschaften jedoch ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz in einem ausländischen Staat haben, was beim Wegzug aus Deutschland gerade nicht der Fall sein dürfte. Im Rahmen der erweitert beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 2 AStG) werden die ausländischen Einkünfte i.S.v. § 34d EStG ausgeschlossen, bei welchen eine Steueranrechnung in Frage käme.
II. Erbschaftsteuer
Rz. 153
Sollte es im Bereich der Erbschaftsteuern zu einer Doppelbelastung mit deutscher und ausländischer Erbschaftsteuer kommen, regelt § 21 ErbStG die Voraussetzungen, unter welchen eine Anrechnung der ausländischen auf die deutsche Erbschaftsteuer in Betracht kommt. Nach § 21 ErbStG kann eine Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer unter den nachfolgend erläuterten, engen Voraussetzungen erfolgen. Die Bedeutung der Vorschrift wird in Zukunft etwas geringer werden, da zahlreiche Staaten von der Erhebung einer Erbschaftsteuer absehen oder in Zukunft absehen wollen.
1. Unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht
Rz. 154
Zunächst muss für eine Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer in Deutschland unbeschränkte Steuerpflicht des betreffenden Steuerpflichtigen bestehen; erweitert unbeschränkte Steuerpflicht reicht aus (§ 21 Abs. 1 S 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Bei beschränkter Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) oder erweitert beschränkter Steuerpflicht (§ 4 AStG) ist die Anrechnung ausländischer Erbschaft- oder Schenkungsteuer dagegen ausgeschlossen.
Rz. 155
War der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes Inländer, ist der Umfang des für eine Anrechnung beachtlichen Auslandsvermögens begrenzt, da nur unter § 121 BewG fallende Wirtschaftsgüter Berücksichtigung finden. War der Erblasser dagegen zur Zeit seines Ablebens kein Inländer, gelten alle Wirtschaftsgüter mit Ausnahme der unter § 121 BewG fallenden als der Anrechnung zugängliches Auslandsvermögen (§ 21 Abs. 2 ErbStG). Hierunter würde beispielsweise auch eine (nicht durch inländischen Grundbesitz gesicherte) Kapitalforderung gegen einen inländischen Schuldner fallen.
2. Fehlen eines DBA
Rz. 156
Es darf kein DBA auf dem Gebiet der Erbschaft- oder Schenkungsteuern mit dem betreffenden Staat abgeschlossen worden sein. Die Vorschrift ist jedoch nicht so zu verstehen, als sei bei Vorliegen eines DBA die Anrechnung stets ausgeschlossen. Dieser Schluss ist nur richtig, wenn das DBA die Doppelbesteuerung durch Anwendung der Freistellungsmethode verhindert. Kommt dagegen die Anrechnungsmethode zum Zug, ist in diesen Konstellationen § 21 ErbStG anzuwenden, wie sich aus § 21 Abs. 4 ErbStG ergibt.
3. Entsprechensklausel
Rz. 157
§ 21 Abs. 1 S. 1 ErbStG verlangt für die Anrechnung, dass die ausländische Steuer der deutschen Erbschaftsteuer entspricht, sog. Entsprechensklausel. Insbesondere bei Nachlasssteuern, also Steuern, die am gesamten Nachlass und nicht wie die deutsche Erbanfallsteuer am Erwerb des Einzelnen anknüpfen, ist fraglich, ob die Entsprechung gewahrt ist. Der BFH hat hierzu ausgeführt, dass sich eine allzu restriktive Auslegung von § 21 ErbStG verbietet. Der Entsprechensklausel ist Genüge getan, sobald die ausländische Steuer den Übergang des Nachlasses besteuert.
Rz. 158
Daneben ergeben sich bei sog. capital gains taxes in diesem Zusammenhang Probleme. Diese Wertzuwachssteuern werden in einigen Staaten neben oder anstatt einer Erbschaft- oder Schenkungsteuer erhoben.
Unterschiedlich ist dabei auch die Eingliederung der capital gains taxes in das ausländische Steuerrecht. Es gibt Formen einer sog. isolierten Wertzuwachssteuer (z.B. "Plus Valia" für Grundbesitz in Spanien), aber auch in das ausländische Einkommensteuerrecht eingebettete Wertzuwachssteuern (etwa die südafrikanische capital gains tax). Isoliert erhobene Wertzuwachssteuern, wie beispielsweise die INVIM in Italien, sind anrechenbar.
Rz. 159
Das FG Rheinland-Pfalz hat in einer Entscheidung aus 1999 bei einer Schenkung die Anrechenbarkeit der ausländischen Steuer verneint, da die beim Veräußerer entstehende Steuerbelastung im Ausland vom Erwerber nur als Gegenleistung entsprechend den Grundsätzen der gemischten Schenkung übernommen werden könne. Eine Diskussion der Entsprechensklausel war nach der Auffassung des Gerichts nicht mehr erforderlich.
Rz. 160
Der BFH hat beispielsweise die kanadische capital gains tax im Erbfall als nicht zur Anrechnung tauglich erklärt, da der fiktive Veräußerungsgewinn als Einkommen bei der Ei...