Rz. 143
Beispiel:
Die kroatische Erblasserin hatte ihren letzten Lebensmittelpunkt in Pula und ist dort verstorben. Mit ihrem ebenfalls kroatischen Ehemann hatte sie, als sie damals noch in Krefeld lebte, im Jahre 2008 einen Erbvertrag beurkunden lassen. Da das kroatische Erbrecht den Erbvertrag nicht kennt, hat der beurkundende Notar für die in Krefeld belegene Wohnimmobilie – den damals bedeutendsten Vermögensgegenstand der Eheleute – eine Vereinbarung der Geltung deutschen Erbrechts aufgenommen (Art. 25 Abs. 2 EGBGB a.F.) und die vertragsmäßig bindende gegenseitige Erbeinsetzung auf diesen Grundbesitz beschränkt.
Rz. 144
Da die Eheleute (zum 17.8.2015 bzw. bei Abschluss des Erbvertrages) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten, bleibt diese Rechtswahl auch dann wirksam, wenn die Eheleute vor ihrem Tod wieder nach Kroatien zurückkehren sollten. Die – aufgrund der Geltung kroatischen Rechts gem. Art. 21 EuErbVO für den übrigen Nachlass eintretende – Nachlassspaltung ließe eine derartige Begrenzung der Erbeinsetzung, da sie den gesamten, dem deutschen Recht unterliegenden Spaltnachlass erfasste, zu.
Rz. 145
Hatte die Erblasserin aber ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, so unterliegt über Art. 21 EuErbVO die Erbfolge des gesamten Nachlasses nicht dem kroatischen Heimatrecht, sondern seit Inkrafttreten der EuErbVO dem deutschen Recht. Die auf Art. 25 Abs. 2 EGBGB a.F. gestützte Rechtswahl ginge also nunmehr "ins Leere". Die Nachlassspaltung, auf die sich die gegenständlich beschränkte Erbeinsetzung stützt, wird hinfällig. Im Rahmen der Nachlassabwicklung stellt sich dann die Frage, wie mit dieser verunglückten Gestaltung zu verfahren ist. In den meisten Fällen wird man zu einem Art hypothetischen Erblasserwillen greifen und das Testament so umdeuten müssen, dass vor dem Hintergrund der Geltung eines einheitlichen Erbstatuts das gestalterische Ziel der Testatorin am besten erreicht wird.
Rz. 146
Denkbar wären z.B. folgende Varianten für die Umdeutung:
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Eine auf das Grundstück bezogene Vermächtniszuwendung vor dem Hintergrund der gesetzlichen Erbfolge im Übrigen (Vorausvermächtnis zugunsten des überlebenden Ehegatten). |
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Eine quotale Erbeinsetzung des Ehemannes und der Kinder, auf Seiten des überlebenden Ehegatten unter Berücksichtigung der Werte des Grundstücks und der nach kroatischem Erbrecht berechneten Erbquote für den übrigen Nachlass. |
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Handelte es sich bei der Immobilie bei Abschluss des Erbvertrages um den wesentlichen Wertgegenstand des Vermögens, mag es auch angemessen sein, eine Alleinerbeinsetzung auf den gesamten Nachlass zu unterstellen. Hierfür mag man die Auslegungsregel in § 2087 BGB heranziehen. Aus der ausdrücklichen Beschränkung auf den inländischen Nachlass ergibt sich m.E. regelmäßig kein Hindernis für eine entsprechende Auslegung, denn diese war nicht dadurch bedingt, dass die Eheleute im Übrigen den Nachlass den Kindern zuwenden wollten, sondern dadurch, dass ihnen erklärt wurde, bzgl. des beweglichen Nachlasses sei die vertragsmäßige Verfügung nicht möglich. |
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Die Kontinuität der Nachlassspaltung wäre auf kollisionsrechtlicher Ebene gesichert, wenn man über Art. 84 Abs. 4, Art. 22 EuErbVO zu einer Wahl des Heimatrechts für den übrigen Nachlass käme. Eine derartige simultane Kumulation von Rechtswahlmöglichkeiten nach neuem und altem Recht erscheint zwar ein wenig gekünstelt. Freilich ist die Verknüpfung von alter und neuer Rechtslage gerade Aufgabe des Art. 84 Abs. 4 EuErbVO, der gerade das Vertrauen der Beteiligten auf die Fortgeltung des Heimatrechts schützen will, indem er die Fortgeltung (hier des kroatischen Rechts) anordnet. Dogmatische Bedenken gegen die eigenwillige Kombination einer spaltenden Rechtswahl mit dem auf die Nachlasseinheit bedachten Art. 22 EuErbVO verblassen indes, wenn man den Übergangscharakter der Fälle bedenkt und auf Art. 83 Abs. 2 EuErbVO Rücksicht nimmt, der einer spaltenden Rechtswahl über den Anwendungsstichtag des 17.8.2015 hinaus zur Wirksamkeit verhelfen soll. Man sollte insoweit die weitere Rechtsprechung des EuGH abwarten, der wohl offenbar auch in den Übergangsfällen nach Art. 83 Abs. 2 EuErbVO eine Nachlassspaltung vermeiden möchte. |
Rz. 147
Praxishinweis:
Jedenfalls ist voraussehbar, dass diese Fälle künftig Probleme bereiten werden. Um Streit über die Auslegung zu vermeiden, sollte daher eine Überprüfung der alten Verfügungen auf eine entsprechende "spaltende Rechtswahl" durchgeführt werden und ggf. eine Klarstellung erfolgen.
Rz. 148
Im deutschen Recht waren die Rechtswahlmöglichkeiten in Art. 25 Abs. 2 EGBGB auf die Wahl deutschen Rechts beschränkt – und damit deutschen Staatsangehörigen, für die das deutsche Recht ohnehin gilt, grundsätzlich versperrt. Freilich hat sich mit dem Anwendungsstichtag für die EuErbVO insoweit eine Änderung ergeben, als sich die Erbfolge nun bei einem deutschen Erblasser mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland anhand seines ausländischen Aufenthaltsortes bestimmt, Art. 21 EuErbVO. Eine noch vor ...