Rz. 156
Art. 36 Abs. 1 EuErbVO bestimmt, dass vorrangig auf ein einheitliches interlokales Kollisionsrecht des Staates, auf dessen Recht verwiesen wurde, abzustellen ist. Staaten mit einem entsprechenden einheitlichen interlokalen Kollisionsrecht sind selten. Ein solches gab es im früheren Jugoslawien, und gibt es heute immer noch in Spanien und in Bosnien-Herzegowina. Bei Verweisung auf das spanische Recht ist also die in Art. 14 des spanischen Código Civil vorgesehene Anknüpfung an die vecindad civil zu befolgen. Es wäre also nach den Regeln des spanischen Rechts die vecindad civil zu ermitteln und dann auf dieser Basis die einschlägige Teilrechtsordnung – also eine bestimmte autonome oder die gemeinspanische Regelung – anzuwenden.
Rz. 157
Besonderheit des spanischen Rechts ist es nun, dass eine vecindad civil ausschließlich spanischen Staatsangehörigen zustehen kann. Diese erwerben die vecindad civil bei Geburt durch Abstammung von den Eltern oder bei Einbürgerung durch entsprechende Option und können sie später durch dauernden Aufenthalt in einem anderen Gebiet bzw. durch Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde ändern.
Rz. 158
Da ein in Spanien lebender Ausländer auch bei noch so langem Aufenthalt in einem Gebiet mit autonomer Zivilrechtsordnung keine vecindad civil erwirbt, unterliegt dieser also nach spanischem interlokalen Privatrecht zwingend dem gemeinspanischen Recht, also den erbrechtlichen Regeln des Código Civil.
Rz. 159
Im Beispielsfall (Rdn 153) würde der in Mallorca verstorbene deutsche Erblasser also nach den Regeln des gemeinspanischen Código Civil beerbt.
Rz. 160
Wie nicht anders zu erwarten, ist diese Lösung, die auf einer subsidiären Geltung des nationalen Código Civil beruht, in Spanien umstritten. Vor allem die Rechtsgelehrten aus den autonomen Gebieten vertreten hier die Auffassung, für in Spanien lebende Ausländer ergebe sich aus der Anknüpfung des interlokalen Regelungssystem des Código Civil mangels vecindad civil keine Lösung des Rechtskollision. Der ausländische Erblasser könne mithin keinem Erbrecht zugeordnet werden. Nach in Spanien mittlerweile anscheinend wohl überwiegender Ansicht ist auf Art. 36 Abs. 2 lit. a EuErbVO zurückzugreifen. Maßgeblich sei dann also der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers, wobei die große Münze des gewöhnlichen Aufenthalts in internationaler Hinsicht in die kleine Münze des gewöhnlichen Aufenthalts in interregionaler Hinsicht umzuwechseln ist. Andere Autoren verbleiben im spanischen interlokalen Kollisionsrecht und ersetzen die vecindad civil durch den Wohnsitz.