Der Gläubiger beauftragt zunächst einen Inkassodienstleister mit einer schriftlichen Mahnung und einem Telefonanruf beim Schuldner, wobei eine 0,5-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG als Vergütung vereinbart wird. Anschließend wird ein Rechtsanwalt mit der weiteren Forderungseinziehung beauftragt, wobei ebenfalls eine 0,5-Geschäftsgebühr vereinbart wird, die der Gläubiger gegenüber dem Schuldner in Höhe einer 0,4-Geschäftsgebühr geltend macht. Beide Gebühren werden also von dem Schuldner erstattet verlangt.
Hier liegen die kumulierten 0,9-Geschäftsgebühren im Rahmen dessen, was auch ein umfänglich beauftragter Rechtsdienstleister (mindestens) erhalten hätte, wenn er die gleiche Tätigkeit alleine ausgeführt hätte.
Der Gläubiger beauftragt zunächst einen Rechtsanwalt mit der umfänglichen Einziehung der Forderung, der eine 0,9-Geschäftsgebühr berechnet, die der Gläubiger auch ersetzt verlangt. Nachfolgend beauftragt er einen Inkassodienstleister, weil der Schuldner die Forderung erst bestritten hat und dann aber nicht ehr auffindbar war und weil er insbesondere auf die telefonische und persönliche Kontaktaufnahme mit dem Schuldner setzt. Hier gelingt – nach einer dreifachen Wohnsitzermittlung – auch zunächst im Telefoninkasso durch umfangreiche Besprechungen, die Forderung unstreitig zu stellen. Nachdem der Schuldner trotzdem nicht zahlt, wird im Außendienst eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen, den der Schuldner aber nach der Zahlung von sechs Raten nicht mehr weiter bedient. Der Gläubiger begehrt den Ersatz der 0,9-Geschäftsgebühr, die der Rechtsanwalt beansprucht, und einer weiteren 0,9-Geschäftsgebühr für den Inkassodienstleister sowie die 0,7-Einigungsgebühr jeweils nebst Auslagen.
Die Bearbeitung des Falles insgesamt betrachtet ist zunächst eine Rechtsdienstleistung im Sinne der Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG, weil der Schuldner die Forderung zunächst bestritten hat. Mit mehreren schriftlichen Mahnungen, der wiederholten Ermittlung des Wohnsitzes, dem umfänglichen Telefoninkasso, der ausführlichen Besprechung und dem Außendienst liegt sicher keine durchschnittliche Rechtsdienstleistung mehr vor, so dass unter Berücksichtigung der aufwandsbezogenen Kriterien des § 14 RVG der Ansatz einer 1,8-Geschäftsgebühr neben 0,7-Einigungsgebühr und Auslagen gerechtfertigt wäre, wenn nur ein Rechtsdienstleister beauftragt worden wäre. An der Zweckmäßigkeit und Erforderlichkeit dieses Vorgehens besteht kein Zweifel. Es kommt nur auf die Ex-ante Sicht an. Diese ließ eine Klärung der Forderung und einen zumindest ratenweisen Ausgleich möglich erscheinen. Dass eine Titulierung und Vollstreckung erfolgversprechender und billiger wären, ist nicht zu ersehen. In vielen Fällen werden hier erheblich höhere Kosten verursacht, ohne dass die Erfolgsquoten der Zwangsvollstreckung einen Forderungsausgleich sicherer erwarten lassen. Insgesamt verlangt der Gläubiger auch kumuliert nicht mehr als eine 1,8-Geschäftsgebühr erstattet, die auch ein einziger Rechtsdienstleister im geschilderten Beispiel hätte erheben können. Gegen das Erstattungsverlangen ist also nichts einzuwenden. Den Kriterien des § 13f S. 1 RDG ist genügt.