Rz. 352
Für die Vertretung des Antragstellers im gerichtlichen Mahnverfahren entsteht die 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV RVG. Es handelt sich um eine Verfahrensgebühr, so dass sie nicht erst mit der Stellung des Mahnantrages beginnt, sondern mit der Auftragserteilung und der ersten auf dessen Ausführung gerichteten Tätigkeit, in der Regel die Informationsbeschaffung oder die Informationszusammenstellung.
Hinweis
Das ergibt sich schon aus der Existenz der Nr. 3306 VV RVG, wonach die Verfahrensgebühr sich auf 0,5 vermindert, wenn sich der Auftrag vor der Antragstellung erledigt. Das schließt die Annahme aus, die Gebühr entstehe erst mit der Stellung des Mahnantrages. Aus dem Verhältnis von Nr. 3305 und 3306 VV RVG zueinander ergibt sich, dass die 1,0-Verfahrensgebühr als Regelgebühr nach der Auftragserteilung anfällt und sich nur unter den weiteren Voraussetzungen der Nr. 3306 VV RVG vermindert. Diese Sichtweise begründet sich auch aus dem unterschiedlichen Wortlaut von Nr. 3305 VV RVG, der auf die Vertretung im Verfahren abstellt, während Nr. 3308 VV RVG auf die Vertretung bei der Antragstellung abstellt. Das Verhältnis der Normen zueinander ist nicht anders zu beurteilen als Nr. 1210 KV GKG zu Nr. 1211 KV GKG.
Vor diesem Hintergrund ist es dem Rechtsdienstleister unbenommen auch innerhalb des gerichtlichen Mahnverfahrens dem Schuldner durch eine Zahlungsaufforderung noch einmal die Gelegenheit zu geben, die Titulierung der Forderung im gerichtlichen Mahnverfahren durch eine Vollzahlung oder eine Zahlungsvereinbarung abzuwenden. Der Sachverhalt stellt sich nicht anders dar als in der Zwangsvollstreckung. Auch hier wird in der Regel die Beantragung der Vollstreckungsmaßnahme noch einmal durch ein Schreiben angekündigt, welches bereits die Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG auslöst. Hierin liegt auch keine Mehrbelastung, weil die Beantragung der Maßnahme, hier des Mahnbescheides dann nicht noch einmal eine Gebühr auslöst. Der Schuldner erspart durch die positive Reaktion auf die Zahlungsaufforderung die Gerichtskosten und hat die Chance, dass die Rechtsverfolgungskosten sich nach Nr. 3306 VV RVG vermindern, wenn er auf dieses Angebot eingeht.
Rz. 353
Da es sich um eine Verfahrensgebühr handelt, wird mit ihr neben den vorbereitenden Handlungen auch die Zahlungsaufforderung, die Stellung des Mahnantrages, die Entgegennahme, Weiterleitung und Beantwortung der Mitteilungen des Mahngerichtes wie Zustellnachrichten, Monierungen oder Widersprüche des Antragsgegners sowie die Rücknahme oder die Beantragung der Abgabe an das Streitgericht erfasst. Es bleibt für ihren Anfall unerheblich, ob es tatsächlich zur Beantragung des Mahnbescheides kommt.
Rz. 354
Umgekehrt ist auch unerheblich, wann der Rechtsdienstleister innerhalb des Mahnverfahrens beauftragt wurde. Beantragt der Gläubiger etwa zunächst den Mahnbescheid selbst und beauftragt den Rechtsdienstleister erst,
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nachdem der Mahnbescheid nicht erlassen wurde oder |
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eine Zustellung an der unbekannten Anschrift des Antragsgegners scheitert, die zunächst ermittelt werden muss, |
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zur Stellungnahme auf Monierungen des zentralen Mahngerichtes, |
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zur Stellung des Antrages auf Abgabe an das Streitgericht nach einem Widerspruch des Antragsgegners, |
fällt die 1,0-Verfahrensgebühr in jeder Konstellation an. Gleiches gilt, wenn die spätere Beauftragung nach Beratung zur Rücknahme des Mahnantrages führt.
Rz. 355
Die Verfahrensgebühren nach Nrn. 3305, 3306 VV RVG bleiben vom weiteren Verfahrensgang nicht unberührt. Einerseits wird die vorgerichtliche Geschäftsgebühr teilweise auf die Verfahrensgebühr nach Nrn. 3305, 3306 VV RVG, andererseits die Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV RVG auf die Verfahrensgebühr eines nachfolgenden Rechtsstreites nach Nr. 3100 VV RVG in voller Höhe und damit voll konsumierend angerechnet, wenn nicht ein Ausnahmefall nach § 13f S. 3 RDG vorliegt. Auf die nachfolgenden Ausführungen zur Anrechnung wird verweisen.