Rz. 25
Die Mahnung muss dem Schuldner grundsätzlich noch einmal vor Augen führen, was konkret er leisten soll. Das gilt insbesondere dann, wenn dem Gläubiger mehrere Forderungen gegen den Schuldner zustehen, was häufig im Massenverkehr des E-Commerce, der Versorgungswirtschaft, der Versicherungswirtschaft oder auch der Telekommunikationsbranche vorkommt, aber auch in anderen Zusammenhängen nie auszuschließen ist. Dem Schuldner sollte deshalb mit der Mahnung immer auch eine bezifferte Forderungsaufstellung mit übersandt werden.
Hinweis
Dies sichert auch in anderer Weise die Rechtsposition des Gläubigers. Obwohl Verzug mit der Mahnung eintritt, wird häufig erst ein bis vier Wochen nach der Mahnung gezahlt, ohne dass die angemahnte Forderung um die Zinsen erweitert wurde. Da die Einziehung des Zinsbetrages dann meist unwirtschaftlich ist, wird hierauf nicht selten verzichtet. Dies lässt sich – zumindest teilweise – vermeiden, indem auch auf diesen Ersatzanspruch im Mahnschreiben hingewiesen und er der Höhe nach beziffert wird. Es lässt sich feststellen, dass dies die Zahlung beschleunigt und in vielen Fällen auch die Verzugszinsen gezahlt werden.
Beispiel
"In pp."
haben Sie die Rechnung vom … über 1.500 EUR bis heute nicht ausgeglichen. Wir müssen nunmehr auf den umgehenden Ausgleich unserer Forderung bestehen. Da Sie sich mit dem Zugang dieser Mahnung zugleich auch in Verzug befinden, ist der Rechnungsbetrag ab dem Zugang dieses Schreibens mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Zugang dieser Mahnung zu verzinsen, was einem Betrag von 0,17 EUR je Kalendertag entspricht. Diesen Betrag bitten wir bei der Zahlung mit zu berücksichtigen.“
Gelingt es dem Gläubiger nicht, die tatsächlich geschuldete Leistung in dieser Weise anzumahnen, kann in der fehlerhaften Mahnung einer anderen als der geschuldeten Leistung nicht zugleich eine Mahnung bezogen auf eine anderweitig tatsächlich geschuldete Leistung gesehen werden.
Beispiel
Der Gläubiger beliefert den Schuldner in regelmäßigen Abständen mit Waren und stellt in der Folgezeit Monatsrechnungen. Mahnt der Gläubiger hier im April des Jahres ausdrücklich den Ausgleich der Monatsrechnung für Januar des Jahres an, die allerdings bereits ausgeglichen ist, kommt der Schuldner aufgrund dieser Mahnung nicht in Verzug mit dem Ausgleich der noch offenen Monatsrechnungen für Dezember des Vorjahres oder Februar des laufenden Jahres.
Rz. 26
Problematischer ist der Fall, dass der Gläubiger der Höhe nach mehr verlangt, als ihm tatsächlich zusteht. Die ältere Rechtsprechung und Literatur hat hier auf das hypothetische Verhalten des Gläubigers und des Schuldners abgestellt. Soweit zu erwarten gewesen sei, dass der Schuldner auch auf eine Mahnung mit der zutreffenden Forderung nicht zahlt und der Gläubiger auch eine geringere Zahlung annimmt, wurde von der Wirksamkeit der Mahnung ausgegangen. War dagegen davon auszugehen, dass der Gläubiger eine geringere als die mit der Mahnung geforderte Summe nicht annehmen werde, sollte die Mahnung unwirksam sein, d.h. es fehlte an einer notwendigen Voraussetzung des Verzugseintrittes. Diese Auffassung wird aber zu Recht als unpraktikabel abgelehnt, weil sich dieser hypothetische Wille regelmäßig nicht sicher feststellen lässt und damit rechtssichere Ergebnisse nicht zu erzielen sind.
Die neuere Rechtsprechung und Literatur stellen deshalb darauf ab, ob die unzutreffende Mahnung gleichwohl erkennen lässt, welche bestimmte Leistung von dem Schuldner gefordert wird. Der BGH hat ausgesprochen, dass es nicht so sehr darauf ankommt, wie sich der Schuldner bei einer der Höhe nach zutreffenden Mahnung verhalten hätte, sondern ob unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach Treu und Glauben vorzunehmender Würdigung der Schuldner die Erklärung als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss und der Gläubiger auch zur Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist.
Eine Zuvielforderung, die auf einem offensichtlichen Additionsfehler, einem sonstigen Rechenfehler oder auch der Schwierigkeit der Bestimmbarkeit der Leistung aufseiten des Gläubigers beruht, lässt danach die Wirksamkeit der Mahnung gleichermaßen unberührt. Gleiches gilt, wenn ein offensichtlicher Irrtum vorliegt oder eine klar abgrenzbare Abzugsposition übersehen wurde. Wird eine falsche Währung angegeben, kann es sich um einen offensichtlichen Irrtum handeln, etwa wenn DM statt EUR angegeben ist, obwohl sich für den Schuldner ohne Weiteres erschließt, dass es "EUR" heißen muss.
Allerdings kann eine unverhältnismäßig hohe, weit übersetzte Zuvielforderung den zu Recht angemahnten Teil so in den Hintergrund treten lassen, dass dem Schuldner kein Schuldvorwurf zu machen ist, wenn er sich nicht als wirksam gemahnt ansieht. Am Verschulden fehlt es auch dann, wenn der Schuldner die wirklich geschuldete Forderung nicht allein ausrechnen kann, weil sie von ihm unbekannten internen Daten d...