Rz. 208
Ungeachtet des Umstandes, dass der BGH die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten bereits angenommen hat, ist das Argument, dass die Tätigkeit von Inkassodienstleistern und Rechtsanwälten nicht vergleichbar sei, rechtlich und tatsächlich unzutreffend, soweit dies die Erbringung der Rechts- und Inkassodienstleistung zur Einziehung einer fremden oder zum Zwecke des Einzugs auf fremde Rechnung abgetretenen Forderung vor- und außergerichtlich, im gerichtlichen Mahnverfahren, in der Mobiliarzwangsvollstreckung und im Verfahren der Insolvenzanmeldung sowie dem Verbraucherinsolvenzverfahren betrifft. Die Tätigkeiten sind in diesem Rahmen identisch.
Rz. 209
Aufgrund der Zulassung nach dem RBerG bzw. der Registrierung als Inkassodienstleister nach dem RDG sind Inkassodienstleister rechtlich in gleicher Weise wie Rechtsanwälte in der Lage, Rechtsberatung durchzuführen. Vorgerichtlich standen ihnen schon bis zum 30.6.2008 die gleichen legalen Mittel zur Verfügung wie den Rechtsanwälten. Wie schon im ersten Teil dargelegt wurde, verbinden Inkassodienstleister ihre Rechtskenntnisse mit psychologischen und sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen und berücksichtigen die für den Gläubiger relevanten Fragen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit intensiver mit den zu erbringenden Rechts und Inkassodienstleistungen. Während der herkömmliche Rechtsanwalt – bei einem sich wandelnden Berufsbild – stärker auf die Anspruchsfeststellung und die Streitentscheidung angelegt ist, zielen Inkassodienstleister vor allem auf eine zeitnahe gütliche Einigung. Inkassodienstleister nutzen auch mehr als Rechtsanwälte die Möglichkeiten der telefonischen und persönlichen Mahnung und Kontaktaufnahme und kommen so häufiger zu Ratenzahlungsvergleichen. Aus Sicht der Gläubiger sind sie dabei mit Erfolgsquoten bis 90 % vorgerichtlich weit erfolgreicher als Rechtsanwälte. In diesem Sinne sind die beiden Rechtsdienstleister in ihren Methoden und Wirkungsweisen unterschiedlich, ohne dass dies ihre rechtliche Tätigkeit nicht vergleichbar erscheinen lässt. Sie gehen zum Teil nur unterschiedliche Wege zum selben Ziel.
Rz. 210
Die Frage ist aber letztlich durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes abschließend beantwortet und damit Zweifeln der Instanzrechtsprechung entzogen. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinen Entscheidungen vom 20.2.2002 sowie vom 14.8.2004 unmissverständlich klargestellt, dass Personen, die nicht Rechtsanwälte sind, die aber aufgrund ausdrücklicher Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Inkassotätigkeit berechtigt sind, nach Inhalt und Systematik des Rechtsberatungsgesetzes für diesen Teilbereich auch zur geschäftsmäßigen Rechtsberatung und Rechtsbesorgung berechtigt sind. Diese Befugnisse sind mit der Neuregelung des Rechtsberatungsrechtes durch den Gesetzgeber nicht nur bestätigt, sondern mit der Erweiterung der Befugnisse in § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO und § 174 Abs. 1 S. 2 InsO sogar erweitert worden.
Dieses Bild hat sich weiter fortgesetzt. Die Anwendbarkeit des Gleichheitssatzes als Folge der Wahrnehmung der Tätigkeiten als gleichwertig hat der Gesetzgeber erstmals ausdrücklich mit der Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie eingeräumt. Er führt dort aus
Die unterschiedliche Behandlung von nichtanwaltlichem und anwaltlichem Inkasso, die dadurch entsteht, dass die Ersatzfähigkeit von Inkassokosten nur beim nichtanwaltlichen Inkasso durch Höchstsätze beschränkt werden kann, begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf das Gleichheitsgebot des Artikels 3 GG. Inkassodienstleistungen, die von Inkassodienstleistern erbracht werden, unterscheiden sich nicht von Inkassodienstleistungen, die Rechtsanwälte erbringen.
Rz. 211
Im Verfahren zum Gesetz gegen unseriöse Geschäftsmethoden hatte sich das noch anders angehört, was zu der – später als verfassungswidrig erkannten – Regelung des § 4 Abs. 5 S. 2 RDGEG geführt hat. Darin war eine Verordnungsermächtigung für eine eigenständige Inkassokostenregelung vorgesehen, die nie genutzt wurde.
Mit dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht hat der Gesetzgeber seinem Anerkenntnis Taten folgen lassen und die vollständige kostenrechtliche Gleichstellung bei der Erbringung von Rechts- und Inkassodienstleistungen zur Einziehung fremder oder auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen geregelt. Der Gleichbehandlung von Rechtsanwaltschaft und Inkassodienstleistern widmet er dabei ein eigenständiges Kapitel.
Auch den BGH hat jüngst die hinreichende Sachkunde der Inkassodienstleister zur Erbringung der Rechts- und Inkassodienstleistungen im Forderungseinzug festgestellt. Er führt aus:
Dass der Inkassodienstleister über die Sachkunde verfügt, die für die von ihm selbst zu erbringenden, außergerichtlichen und damit nicht an das Gericht gerichteten Rechtsdienstleistungen erforderlich ist, gewährleisten nach der Gesetzessystematik des Rechtsdienstleistungsgesetzes die Registrierungsvorau...