I. Problembeschreibung
Rz. 414
Die Praxis zeigt, dass rechtlich selbstständige Inkassodienstleister das Forderungsmanagement sowie das vorgerichtliche und das nachgerichtliche Inkasso (auch) für verbundene Unternehmen im Sinne des § 15 Aktiengesetz (AktG) betreiben. Es handelt sich um eine besondere Form des Outsourcings. Sie sichert, dass ein spezialisierter Unternehmensteil entsteht, der für eine hohe Effektivität der zu erledigenden Aufgabe sorgt, weil sich das Forderungsmanagement hier als Kerngeschäft darstellt, während es als integraler Teil des Kernunternehmens regelmäßig nur als notwendiger und belastender Kostenfaktor wahrgenommen wird. Dabei ist zu unterscheiden: Einerseits gibt es Inkassodienstleister, die dann ausschließlich nur für den eigenen Konzern arbeiten. Andererseits gibt es aber auch konzernangehörige Inkassodienstleister, die frei am Markt tätig sind und auch Forderungen von weiteren konzernangehörigen Unternehmen einziehen.
Rz. 415
Hinweis
Die Organisationsform des Konzerninkassos ist streng vom Forderungskauf zu unterscheiden. Während beim echten Konzerninkasso die Forderung bei einem verbundenen Unternehmen entstanden ist und von der konzerneigenen Inkassogesellschaft beigetrieben wird, ist sie beim Forderungskauf bei einem konzernfremden Dritten entstanden und wurde nur erworben. Beim Forderungskauf kann also nur vom unechten Konzerninkasso gesprochen werden. Im Fall des Forderungskaufs beurteilen sich die Fragen nach der Erstattung der Rechtsverfolgungskosten deshalb nach den dargestellten allgemeinen Kategorien. Zu fragen ist beim Forderungskauf allein, ob der ursprüngliche Gläubiger bei Beauftragung eines Inkassodienstleisters die dabei entstehenden Kosten hätte erstattet verlangen können. Dabei bleibt also irrelevant, ob der Forderungskäufer die Forderung durch eine fremde oder eine eigene, selbstständige Inkassogesellschaft einziehen lässt. Letztlich finanziert der Forderungskäufer dem Ursprungsgläubiger den Einziehungserfolg nur vor. Dass diese Notwendigkeit im Rahmen der Finanzplanung des Ursprungsgläubigers entsteht – hinreichende Liquidität durch den Verkauf von Forderungen herzustellen – ist kausale Folge der Pflichtverletzung des Schuldners.
Nicht mit dem Konzerninkasso in Zusammenhang steht auch die Frage, ob ein Gläubiger überhaupt einen Rechtsdienstleister beauftragen darf. Wird dies verneint, bleibt unerheblich, ob er einen konzerneigenen oder einen fremden Inkassodienstleister beauftragt.
Durch den Zwang zum wirtschaftlichen Handeln wird die Kostenstruktur des Forderungsmanagements im Konzerninkasso transparent. Zugleich besteht die Notwendigkeit, die Kosten niedrig zu halten, damit ein positives Betriebsergebnis erzielt werden kann, was für eine wirtschaftlichere Erledigung der Gesamtaufgabe sorgt. Letztlich bietet diese Form des Forderungsmanagements die regelmäßig ins Auge gefasste Möglichkeit, neben der Einziehung der konzerneigenen Forderungen auch gänzlich wirtschaftlich fremde Forderungen sowie von Dritten erworbene Forderungen mit einzuziehen, d.h. als Dienstleister am Markt aufzutreten und so durch die größere Masse der Forderungen betriebswirtschaftlich effektiver agieren zu können. Das eröffnet neue Erwerbsmöglichkeiten, denen verfassungsrechtlich vor dem Hintergrund von Art 12 und 14 GG Raum zu geben ist. Solche Organisationsformen sind insbesondere im Versandhandel, bei Auto- und Leasingunternehmen, bei Banken und Kreditkartenunternehmen sowie bei Versicherungen anzutreffen.
Rz. 416
Für das vormals geltende Rechtsberatungsgesetz (RBerG) ist insoweit berufsrechtlich vertreten worden, dass es sich hinsichtlich der Erbringung von Rechtsdienstleistungen um wirtschaftlich eigene Forderungen des verbundenen Inkassodienstleisters handelt, wenn der Inkassodienstleister in einen Vertragskonzern eingebunden ist. Dagegen wurde in anderen Konstellationen, etwa der Beherrschung von Inkassodienstleistern und Gläubiger durch ein drittes Unternehmen oder bei reinen Gewinnabführungsverträgen, angenommen, dass fremde Forderungen eingezogen werden. Als Folge hiervon wird im ersten Fall keine Inkassoerlaubnis verlangt, im zweiten Fall sehr wohl. Diese Sichtweise ist allerdings auf die Registrierung des konzerneigenen Inkassodienstleisters betroffen und lässt die Frage nach der Kostenerstattung noch unberührt.
Rz. 417
Hinweis
In der Praxis verfügen auch konzerneigene Inkassodienstleister über eine Registrierung nach §§ 3, 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG bzw. über entsprechend qualifizierte Personen. Dies hat seinen Grund in der Vergangenheit wie in der Zukunft darin, dass meist Mischformen vorliegen, d.h. nicht nur Forderungen der im Konzern verbundenen Unternehmen eingezogen werden, sondern auch und ggfs. sogar überwiegend Forderungen gänzlich fremder Unternehmen. Allein für die Einziehung der konzerneigenen Forderungen wäre eine Berufserlaubnis nicht notwendig.
Rz. 418
Das RBerG wie das RDG enthalten zum Konzerninkasso keine ausdrückliche Regelung im Hinblick auf die Kostenerstattun...