Rz. 95
In der Praxis wird immer wieder übersehen, dass der Schuldner nur den Schaden zu ersetzen hat, der adäquat-kausal auf den Verzug oder die unerlaubte Handlung zurückgeht. Grundlage des Schadens ist die vertragliche Vereinbarung des Gläubigers als Auftraggeber mit dem Rechtsdienstleisters, d.h. der Mandatsvertrag. Es handelt sich jeweils um einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistungscharakter nach §§ 675, 611 ff. BGB. Nach dem ebenfalls am 1.10.2021 in Kraft getretenen Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt wurde mit § 13c RDG eingeführt, dass Vergütungsvereinbarungen für Inkassodienstleistungen sowie auch etwaige Vereinbarungen über ein Erfolgshonorar stets gesondert geschlossen werden müssen und der Textform bedürfen. Die hierbei zwingend zu regelnden Punkte ergeben sich aus § 13c Abs. 1 Ziff. 1–4 (Vergütungsvereinbarung) sowie Abs. 3 Ziff. 1–4 (Erfolgshonorar) RDG. Zusätzlich zu beachten ist § 13c Abs. 4 RDG, danach ist die Vereinbarung eines Erfolgshonorars unzulässig ist, soweit sich die Inkassodienstleistung auf eine nicht der Pfändung unterworfene Forderung bezieht.
Hinweis
Der Gesetzgeber hat – entgegen der bisherigen Praxis – auf eine explizite Regelung verzichtet, dass § 13c RDG nur auf Verträge Anwendung findet, die nach dem 1.10.2021 geschlossen wurden. Vor dem Hintergrund, dass die vertragliche Regelung erst in den Beratungen des Rechtsausschusses im Rahmen eines intensiven politischen Streits und unmittelbar vor der Verabschiedung geschaffen wurde, dürfte es sich um ein redaktionelles Versehen handeln. An keiner Stelle der Gesetzesmaterialien findet sich ein Hinweis darauf, dass auch alle bestehenden Verträge betroffen sein sollen. Es wäre auch ein nicht gerechtfertigter Eingriff in die Privatautonomie, der Bestimmung Rückwirkung beizumessen. Sie ist auch sachlich nicht gerechtfertigt, weil die Schutzwirkung bei einem bereits geschlossenen Vertrag nicht mehr erreicht werden kann. Aufgrund der vertraglichen Bindung könnte eine Rückwirkung ja nicht weiter greifen, als einen Anspruch auf Dokumentation der getroffenen Vergütungsvereinbarung zu schaffen.
Rz. 96
Bei den deliktischen Ansprüchen ergeben sich insoweit keine Probleme, weil die nach der "Tat" entstehenden Rechtsverfolgungskosten grundsätzlich kausal auf diese zurückgehen. Das stellt sich bei vertraglichen Pflichtverletzungen anders dar, weil diese eben erst nach dem Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 286 BGB kausal ersatzfähig sind.
Rz. 97
An der Kausalität der Rechtsverfolgungskosten fehlt es, wenn der Rechtsdienstleister – gleich ob Rechtsanwalt oder Inkassodienstleister – bereits vor dem Verzugseintritt mit der außergerichtlichen Beitreibung der Forderung beauftragt wird, also etwa schon mit der Übersendung der verzugsbegründenden Mahnung oder gar dem vorausgehenden Rechnungswesen nebst Zahlungseingangs- und Reklamationsbearbeitung.
Der Rechtsanwalt und – nach Maßgabe der vertraglichen Vergütungsvereinbarung nach dem RVG mit Gläubigers – der Inkassodienstleister erhalten eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 Abs. 2 VV RVG bei einer Inkassodienstleistung und nach Nr. 2300 Abs. 1 VV RVG bei einer Rechtsdienstleistung mit der Beauftragung und der ersten auf die Informationsbeschaffung gerichteten Handlung. Mahnt der Rechtsdienstleister die Forderung sodann erstmals an und bewirkt er erst mit dieser Mahnung den Verzug des Schuldners, erhält er bei einer durchschnittlichen Leistung auch dann keine höhere Vergütung, wenn es zu weiteren Mahnungen oder auch Verhandlungen über die Berechtigung der Forderung und deren Ausgleich kommt. Insoweit geht der Anfall der Geschäftsgebühr dem Grunde nach nicht auf den Verzugseintritt zurück, sondern auf die vorherige Beauftragung zur Erfüllung von Eigenobliegenheiten des Gläubigers. Die Rechtsverfolgungskosten sind dann nicht erstattungsfähig.
Rz. 98
Hinweis
Das kann für die Geschäftsgebühr differenzierter zu betrachten sein, wenn die Dienstleistung sich nach dem Verzugseintritt als (besonders) umfangreich oder schwierig herausstellt oder anderen Gebührentatbestände, insbesondere die Einigungsgebühr sich verwirklichen. Dieses "mehr" beruht dann auf dem Verzug und ist als Schaden anteilig zur Gesamtvergütung erstattungsfähig.
Rz. 99
Nichts anderes gilt, wenn der Gläubiger einen Inkassodienstleister vor Verzugseintritt mit der außergerichtlichen Geltendmachung der Forderung beauftragt und hierbei ein Pauschalhonorar vereinbart wird, das auch die Einziehung nach Verzugseintritt bis zum Beginn des gerichtlichen Mahnverfahrens umfasst Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Gläubiger mit dem Inkassodienstleister nach Einzeltätigkeiten abrechnet und dabei zwischen den Tätigkeiten zur Erfüllung der Eigenobliegenheiten und den nachfolgenden Tätigkeiten unterschieden wird. Die nach Verzugseintritt anfallenden Einzeltätigkeiten sind dann kausal auf diesen zurückzuführen und dem Grunde nach erstattungsfähig. Der Höhe nach bildet § 13e RDG d...