1. Einleitung
Rz. 283
Das Bedürfnis des Gläubigers wird in der Regel dahin gehen, seine offene, fällige und verzugsbegründend angemahnte Forderung mithilfe des Rechtsdienstleisters umfänglich einzuziehen. Der Auftrag wird deshalb umfänglich erteilt werden und umfasst dann die vorgerichtliche Forderungseinziehung, die Titulierung im gerichtlichen Mahnverfahren oder – in Kooperation mit einem Rechtsanwalt – im gerichtlichen Erkenntnisverfahren sowie die zwangsweise Durchsetzung der Forderung in der Zwangsvollstreckung. In Abhängigkeit von dem Verhalten des Schuldners kommt auch die Tätigkeit im Insolvenzverfahren, insbesondere im Verbraucherinsolvenzverfahren in Betracht.
Hinweis
Inkassodienstleister unterscheiden zusätzlich noch nach der Langzeitüberwachung ohne oder mit Titel. Dem kommt im Hinblick auf die Vergütung in entsprechender Anwendung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes keine Bedeutung zu. Die Übernahme einer Forderung in die Langzeitüberwachung ist jedoch gleichbedeutend damit, dass die aktuellen Realisierungschancen eher gering eingeschätzt werden. Es wird deshalb vorgerichtlich von einer Titulierung und nachgerichtlich von einer Zwangsvollstreckung für einen zu bestimmenden Zeitraum abgesehen. Im Verhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Inkassodienstleister werden für diese Phasen in der Regel unterschiedliche Prozentsätze der Hauptforderung als Erfolgsvergütung vereinbart.
Wird ein umfassender Forderungseinziehungsauftrag erteilt, wird es sich von selbst verstehen, dass er die Erbringung von Rechts- wie Inkassodienstleistungen im Rahmen der jeweiligen Postulationsfähigkeit des Rechtsanwaltes beziehungsweise des Inkassodienstleisters umfasst. Ungeachtet dessen, wird es angesichts der seit dem 1.10.2021 notwendigen Differenzierung sicher nicht schaden, wenn dies im Mandatsvertrag ausdrücklich niedergelegt ist. Insbesondere bei Inkassodienstleistern wird dem Mandanten so das Tätigkeitsspektrum offenbart. Im Erstattungsverhältnis wird dem Einwand die Grundlage entzogen, der Inkassodienstleister sei nur zu Inkasso- nicht aber Rechtsdienstleistungen beauftragt.
2. Übergangsregelung
Rz. 284
Am Zeitpunkt der Auftragserteilung bemisst sich auch Die Frage, welches Recht für die Bestimmung der Vergütung maßgeblich ist. Die diesbezüglichen Fragen beantworten sich aus § 60 RVG.
Für die Vergütung ist nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist.
Beispiel
Wird im September 2021 der unbedingte Auftrag zur Einziehung einer Forderung erteilt, so gilt für die vorgerichtliche Forderungseinziehung, dass bis zum 30.9.2021 geltende Gebührenrecht auch dann, wenn den Schuldner die Erstmahnung des Rechtsanwaltes oder Inkassodienstleisters erst im Oktober 2021 erreicht oder gar erst im Jahre 2022 oder 2023 eine gütliche Einigung erzielt wird. Wird in Fortsetzung dieses Auftrages im März 2022 das gerichtliche Mahnverfahren eingeleitet, so gilt hierfür dass ab dem 1.10.2021 geltende Gebührenrecht, was sich insbesondere bei der Einigungsgebühr auswirkt. Hinsichtlich des gerichtlichen Mahnverfahrens wurde nämlich im September 2021 nur ein – durch die erfolglose vorgerichtliche Einziehung – bedingter Auftrag erteilt.
Rz. 285
Bei der Erbringung von Inkassodienstleistungen kommt es nicht selten zu der Situation, dass bei Dauerschuldverhältnissen mehrfache Forderungsübergaben stattfinden. In diesem Fall ist § 60 Abs. 2 RVG zu beachten. Sind Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen, gilt danach für die gesamte Vergütung das bisherige Recht auch dann, wenn dies nach § 60 Abs. 1 RVG nur für einen der Gegenstände gelten würde.
Beispiel
Wird im September 2021 der unbedingte Auftrag zur Einziehung einer Forderung von 300 EUR rückständiger Miete für August 2021 und im Oktober 2021 der unbedingte Auftrag für die Einziehung weiterer 300 EUR rückständiger Miete für September 2021 erteilt, würde nach § 60 Abs. 1 S. 1 RVG für die erste Forderung das alte und die zweite Forderung das neue Gebührenrecht gelten. § 60 Abs. 2 RVG erklärt nun für beide Forderungen das alte Recht anwendbar.
Während sich diese Regelung zum 1.1.2021 durch die Gebührenerhöhungen des KostRÄG 2021 für den Rechtsdienstleister negativ ausgewirkt hat, wirkt es sich bei der jetzigen Gebührenabsenkung positiv aus.
Eine dritte Konstellation, die es vor dem Hintergrund des Übergangsrechtes zu betrachten gilt, ergibt sich aus § 13f RDG. Beauftragt der Gläubiger einer Forderung mit deren Einziehung sowohl einen Inkassodienstleister als auch einen Rechtsanwalt, so kann er die ihm dadurch entstehenden Kosten nur bis zu der Höhe als Schaden ersetzt verlangen, wie sie entstanden wären,...