Rz. 461
Beim Factoring überträgt ein Unternehmen seine zukünftigen Forderungen an einen Dritten, eine Finanzierungsgesellschaft oder eben auch an ein dieses Geschäft (auch) betreibendes Inkassounternehmen. Dem Geschäft liegt regelmäßig eine Globalzession zugrunde.
Rz. 462
Nach dem Entstehen der Forderung bei dem ursprünglichen Gläubiger zahlt das erwerbende Unternehmen (Factor) an den Gläubiger einen vertraglich zu vereinbarenden Teil des Nennwertes der Forderung. Dabei kann es sich einerseits um eine Form der Darlehensgewährung handeln, d.h. das abtretende Unternehmen muss die Leistung zurückgewähren, wenn ein Forderungseinzug beim Schuldner nicht gelingt. Andererseits kommt auch ein Kaufvertrag zustande. In diesem Fall liegt der Kaufpreis niedriger, da der Inkassodienstleister dann das Risiko des Forderungseinzuges trägt. Der Sinn des Factorings liegt also darin, den Unternehmer schnell mit liquiden Mitteln zu versorgen.
Rz. 463
Da der Factor jede Forderung erwirbt, gehen die Beteiligten zunächst davon aus, dass der Schuldner freiwillig bei Fälligkeit oder jedenfalls auf eine erste Mahnung leistet. In diesem Fall erbringt der Factor die sonst dem Gläubiger obliegenden Eigenleistungen, so dass eine Kostenerstattung nicht in Betracht kommt.
Rz. 464
Kommt es allerdings nicht zur freiwilligen Leistung des Schuldners, zieht der Factor nach Verzugseintritt die Forderung im eigenen Namen im Sinne des vorgerichtlichen Forderungsinkassos ein. Der Verzugsschaden entsteht nun beim Factor. Für den Ersatz von Inkassokosten ist es deshalb erforderlich, dass das Unternehmen nicht nur die Hauptforderung gegen den Schuldner an den Factor abtritt, sondern auch den Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens. Für diesen Fall kann der Factor die ortsüblichen Inkassokosten als Verzugsschaden beanspruchen.
Rz. 465
Der BGH hatte sich in einem Urt. v. 29.6.2005 mit der Konstellation zu befassen, dass das Unternehmen als ursprünglicher Gläubiger Forderungen in einer nach § 138 BGB als sittenwidrig zu qualifizierenden Art und Weise erworben und dann auf den Inkassodienstleister als Factor übertragen hat. Dieses hat die Forderungen im gerichtlichen Mahnverfahren titulieren lassen und so Vollstreckungsbescheide erworben. Es stellte sich dann die Frage, ob die Vollstreckung nach § 826 BGB ebenfalls sittenwidrig sei. Dies hat der BGH verneint. Wenn die Forderungen aus den sittenwidrigen Warenbestellungen an einen Inkassodienstleister abgetreten werden, das reines Forderungsfactoring betreibt und keine Kenntnis davon hat, in welcher Weise die zugrunde liegenden Verträge beworben und abgeschlossen werden, ist die Vollstreckung aus einem materiell-rechtlich unrichtigen Vollstreckungsbescheid über die (angebliche) Forderung aus einem kondizierbaren Schuldanerkenntnis, das der Käufer gegenüber dem Inkassobüro abgegeben hat, nicht nach § 826 BGB unzulässig, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Inkassobüro das Mahnverfahren bewusst missbraucht hat, um für einen ihm nicht zustehenden Anspruch einen Vollstreckungstitel zu erlangen. Im Umkehrschluss lässt sich aus dieser Entscheidung ableiten, dass keine Bedenken bestehen, auch im Factoring die ausführlich dargestellten allgemeinen Grundsätze zur Anwendung zu bringen. Im debitorischen Einziehungsprozess der Rechnungstellung bis zur verzugsbegründenden Mahnung ist eine Erstattung der Gechtsverfolgungskosten über die Sachkosten hinaus ausgeschlossen, danach sind auch Inkassokosten erstattungsfähig.