Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
A. Einleitung
Rz. 1
Mandant und Rechtsanwalt haben auf die Wirtschaftlichkeit der Interessenwahrnehmung zu achten. Der rechtsschutzversicherte Mandant wird sich eher auf einen Rechtsstreit einlassen als ein Rechtssuchender, welcher neben dem Risiko, im Prozess zu unterliegen, auch noch Kosten und Gebühren fürchten muss. Besteht die Möglichkeit, Verfahrenskosten- oder Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen, bietet dies ebenfalls Anlass zu verfahrensrechtlichen Überlegungen. Besonderheiten sind in Bezug auf den (drohend) insolventen Mandanten zu beachten.
B. Rechtsschutzversicherter Mandant
Rz. 2
Der rechtsschutzversicherte Mandant ist vielleicht der streitlustigste unter den Mandanten. Fast die Hälfte aller Haushalte soll angeblich eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben. Mit 4,4 Mrd. EUR Prämieneinnahmen ist Deutschland der größte Rechtsschutzversicherungsmarkt der Welt. Seit 2020 liegt die Anzahl der Rechtsschutzversicherungsverträge bei über 23 Millionen.
Rz. 3
Der Anspruch aus der Rechtsschutzversicherung ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf die Befreiung von den bei der Wahrung der rechtlichen Interessen entstehenden Kosten gerichtet. Der Versicherer verspricht, den Versicherungsnehmer vor konkreten Vermögensnachteilen zu schützen, sodass dieser im Rechtsschutzfall nicht mit Kosten belastet wird. Diese Kosten bilden den Schaden, dessen Deckung der Rechtsschutzversicherer vertraglich übernommen hat und von denen der Versicherer den Versicherungsnehmer nach den Regelungen der ARB (Allgemeine Rechtsschutz-Versicherungsbedingungen) freizustellen hat.
I. Formen des Rechtsschutzes
Rz. 4
Rechtsschutzversicherungen bieten u.a. folgende Formen des Rechtsschutzes an:
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Arbeitgeber-Rechtsschutz/Berufs-Rechtsschutz für Selbstständige, |
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Berufs-Rechtsschutz für Arbeitnehmer, |
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Privat-Rechtsschutz für Nichtselbstständige und Selbstständige, |
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Gewerberäume-Rechtsschutz und Vermieter-Rechtsschutz, |
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Wohnungs- und Haus-Rechtsschutz, |
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Verkehrs-Rechtsschutz. |
Rz. 5
Abgedeckt werden jeweils bestimmte "Bausteine". Diese Rechtsschutzelemente beinhalten vor allem Ansprüche aus dem Vertrags- und Sachenrecht und dem Wohnungs- und Grundstücksrecht, die Geltendmachung von Schadensersatzforderungen, das arbeitsrechtliche und das steuerrechtliche Verfahren, das Sozial- und Verwaltungsgerichtsverfahren, das Ordnungswidrigkeitenrecht sowie die Beratung im Familien- und Erbrecht. Seit den ARB 2019 ist der CyberRechtsschutz bei der Nutzung elektronischer Medien (u.a. mit den Bausteinen eines vorbeugenden Unterlassungsanspruchs bei Persönlichkeitsrechtverletzungen, einem aktiven Strafrechtsschutz bei Strafanzeigen, einem Rechtsschutz bei Urheberrechtsverstößen und einem weltweiten Versicherungsschutz beim Online-Shopping) versicherbar.
Rz. 6
Aus dem – vollständigen – Versicherungsschein nebst der ARB ergibt sich, welches Risiko konkret versichert ist. Ist nur gerichtlicher Rechtsschutz versichert, ist der Mandant hierauf umgehend hinzuweisen. Zu beachten ist, dass die Bedingungen der Versicherer uneinheitlich sind. Für die unterschiedlichen Produkte gilt meist Folgendes:
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Der Rechtsschutz für Selbstständige deckt Prozessrisiken für den versicherten gewerblichen, freiberuflichen oder sonstigen selbstständigen Beruf des Versicherungsnehmers ab. Mitversichert sind die von ihm beschäftigten Personen in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit. |
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Der Berufs-Rechtsschutz für Arbeitnehmer schließt die Absicherung für den beruflichen Bereich (Arbeits-, Disziplinar- und Standesangelegenheiten) des Versicherungsnehmers und dessen mitversicherten Lebenspartners in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer sowie als Arbeitgeber für geringfügige hauswirtschaftliche Beschäftigungs- und Pflegeverhältnisse ein. |
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Der Privat-Rechtsschutz für Nichtselbstständige und Selbstständige versichert den privaten Bereich des Versicherungsnehmers und dessen mitversicherten Lebenspartners. Der Versicherungsschutz schließt Schadensersatz-, Vertrags- und sachenrechtliche Angelegenheiten ein, ferner Steuer-, Sozialgerichts- und Verwaltungssachen sowie Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten. Weil es sich ausschließlich um den privaten Bereich handelt, sind Interessenvertretungen aus beruflichen Tätigkeiten ausgenommen. |
II. Risikoausschlüsse der AGB der Versicherungen
Rz. 7
Rechtsschutzversicherte Mandanten gehen oftmals davon aus, quasi über eine "Rundumversicherung" zu verfügen, welche sie von jeder Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Rechtsanwalt entbinde, und dass dieser seine Vergütung nur noch der Höhe nach mit der Rechtsschutzversicherung regeln müsse. Einem derartigen Irrtum sollte umgehend entgegnet und der Mandant d...