Rz. 89
Die bis zum 30.6.2006 geltende Beratungsgebühr ist durch das Erfordernis einer gesonderten Vergütungsvereinbarung abgelöst worden. Als Beratung versteht sich dabei die Erteilung eines mündlichen oder schriftlichen Rates oder einer Auskunft; § 34 RVG. Grundlegend ist dabei, dass diese Tätigkeit nicht mit anderen gebührenpflichtigen Tätigkeiten zusammenfällt, andernfalls ist die Beratung mit den Gebühren in diesen Angelegenheiten abgegolten. Eine andere Vereinbarung in der Vergütungsvereinbarung ist dabei möglich.
Die anderen gebührenpflichtigen Tätigkeiten sind regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass der Rechtsanwalt nach außen auftritt oder wenigstens den Auftrag dazu hat. Damit ist spätestens mit dem Auftrag zum Tätigwerden nach außen der Bereich der Beratung verlassen. Als Tätigkeit nach außen soll dabei nicht gelten, wenn bloße Auskünfte zur Beurteilung des Sachverhaltes von Dritten eingeholt werden, wie etwa eine Schuldnerregisteranfrage, ein Akteneinsichtsgesuch oder ein Handelsregisterauszug.
a) Der Auftrag
Rz. 90
Die Tätigkeit des Rechtsanwaltes nach außen erfordert nur den unbedingten Auftrag, gegenüber Dritten tätig zu werden oder einen Vertrag auszuarbeiten. In letzterem Fall reicht es aus, dass die Tätigkeit des Rechtsanwaltes im Ergebnis gegenüber Dritten Anwendung finden soll. Der Rechtsanwalt selbst muss nicht nach außen auftreten. Unbedingt ist der Auftrag, wenn der Mandant bereits vorgibt, dass der Rechtsanwalt tätig werden soll, sich aber zuvor noch über die Einzelheiten des Vorgehens beraten lassen möchte. Behält er sich den Auftrag zum Vorgehen gegen Dritte noch vor, liegt zunächst nur ein Beratungsauftrag vor.
Rz. 91
Auch die Beratung selbst muss beauftragt worden sein. Die ungefragte Beratung zu Rechtsthemen, die nicht von der Fragestellung des Mandanten erfasst wurden, löst keine Vergütungsansprüche aus.
Beispiel:
Der Mandant kommt mit der Bitte um Prüfung einer mangelbedingten Mieterminderung. Bei der Durchsicht des Vertrages stellt der Rechtsanwalt fest, dass die Schönheitsreparaturklausel und auch die Instandhaltungsreparaturklausel unwirksam sind. Die Beratung dazu entspricht nicht dem Auftrag des Mandanten und ist unentgeltlich. Die Tatsache aber, dass die bisher einbehaltene Miete zu einer außerordentlichen und ggf. auch ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses führen kann, gehört aber zu den Folgen der Mietminderung und gehört daher zwingend zum Beratungsmandat. Ohne Vorliegen einer Kündigung dürfte sich dies aber nicht auf den Gegenstandswert auswirken.
Die Grenzen zwischen kostenfreier Akquise und Beratung können fließend sein. Erfragt der in der Kanzlei anrufende Mandant nur die Bereitschaft des Rechtsanwaltes, den konkreten Fall zu übernehmen, wird dies als Vorverhandlung zum Vertrag nicht vergütungsfähig sein. Verlangt er konkrete Aussagen zum Fall, wäre die Grenze zum Beratungsauftrag überschritten.
Praxistipp:
Zur erkennbareren Abgrenzung für beide Parteien könnte sollte der Rechtsanwalt die Gespräche stets mit dem Hinweis beginnen, dass die ersten fünf Minuten kostenfrei seien und danach die kostenpflichtige Beratung zum Tarif "xy" beginnen würde. Nach Ablauf der Zeit könnte dann die kurze Frage, ob man dem Mandanten eine Vergütungsvereinbarung übersenden oder er einen Termin vereinbaren wolle, schnell Klarheit über den Beratungsstatus schaffen.
b) Die fehlende Vergütungsvereinbarung
Rz. 92
Für die Beratung sind die Gebühren durch den Rechtsanwalt auszuhandeln. (vgl. § 1 Rdn 189). Erfolgt keine Vereinbarung über eine Vergütung, so ist nach § 34 RVG die Vergütung nach § 612 BGB geschuldet. Mit der Abschaffung des RVG gibt es keine taxmäßige Vergütung mehr. Die Bandbreite ist groß. Erhebungen im Auftrag der Bundesrechtsanwaltskammer zeigen aber, dass die Regelstundensätze bei Rechtsanwälten bei durchschnittlich 195,00 EUR im mittleren Segment und bei Rechtsanwältinnen bei lediglich 176,00 EURO liegen. Dabei ist die Lage der Kanzlei in Ballungsgebieten oder auf dem Land, die Größe der Kanzlei, die Spezialisierung und sogar das Alter der Berufsträger entscheidend für die Höhe des abgerechneten Stundensatzes. Die übliche Vergütung ist nach der Rechtsprechung aus einer Mischung aus dem üblichen Stundensatz mit einem Seitenblick auf den Streitwert zu ermitteln.
Von den Gerichten werden dabei Stundensätze von 190,00 EUR/Stunde über 275,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer als angemessen und üblich betrachtet. Interessanterweise liegen diese Sätze oberhalb der durchschnittlich geforderten Stundensätze.
Der beratungssuchende Mandant wird in Streitigkeiten mit geringen Gegenstandswerten jedoch nicht bereit sein, stundenlange Beratung und Recherchen zu hohen Stundensätzen zu zahlen. Solche Forderungen wären praktisch am Markt nicht durchzusetzen. Daher ist eine Deckelung der ortsüblichen Vergütung auch anhand des Streitwertes bei der Beurteilu...