I. Persönlicher Anwendungsbereich
Rz. 22
Auf Grundlage des RVG werden sämtliche Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes abgegolten. Andere Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer, Partnerschaftsgesellschaften und sonstiger Gesellschaften stehen dabei einem Rechtsanwalt gleich.
Unter den Anwendungsbereich des RVG gehört auch die Tätigkeit als Mediator, für die dennoch wegen § 34 Abs. 1 S. 1 RVG eine Vergütungsvereinbarung zu treffen ist. Auch die Tätigkeit als Prozesspfleger fällt in den Anwendungsbereich des RVG.
Nicht erfasst ist die Tätigkeit als Notar. Hier bestehen eigene Vergütungsvorschriften. Für Steuerberater besteht in § 45 StBVV (Steuerberatervergütungsverordnung) ein Verweis auf das RVG soweit eine Vertretung in Gerichtsverfahren stattfindet. Auf die Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer findet das RVG nur Anwendung, wenn deren Geltung vereinbart wurde.
Nicht erfasst vom RVG sind die Tätigkeiten eines Rechtsanwaltes als Insolvenzverwalter und Testamentsvollstrecker, Zwangsverwalter, Anlageberater oder Buchhalter. Die Vergütung dieser Berufsgruppen und Tätigkeiten richtet sich nur nach den RVG, wenn über die eigentliche Tätigkeit hinaus anwaltliche Aufgaben wahrgenommen wurden.
Die Tätigkeit als Syndikusanwalt gem. § 46 Abs. 2 S. 1 BRAO ist nach § 1 Abs. 2 S. 1 RVG seit dem 1.1.2016 ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich des RVG ausgenommen.
Als gerichtlich bestellter Betreuer, Pfleger, Verfahrenspfleger oder Vormund kann der Rechtsanwalt nur nach den RVG abrechnen, wenn er berufsspezifische Dienste, wie etwa die Vertretung in einem Prozess, erbringt. Hier erfolgt die Vergütung vorrangig nach dem VBVG (Vormünder- Betreuungsvergütungsgesetz).
Keine Vergütung nach dem RVG erfolgt für Sachwalter oder Treuhänder im Insolvenzverfahren, Mitglied des Gläubigerausschusses, Schiedsrichter, Liquidator, Sequester und ähnliche Tätigkeiten.
II. Zeitlicher Anwendungsbereich
Rz. 23
Zeitlich umfassen die Gebühren sämtliche Tätigkeiten zwischen Auftragsannahme und Erledigung der Angelegenheit.
III. Eine Angelegenheit
Rz. 24
Mit den Satzgebühren nach dem RVG gelten sämtliche Tätigkeiten als abgegolten, die zu dieser einen Angelegenheit gehören.
Eine Angelegenheit ist durch einen einheitlichen Auftrag über die Bearbeitung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes mit innerem Sachzusammenhang gegeben, wenn gleichgerichtetes Vorgehen notwendig ist. Es können dabei durchaus mehrere Streitgegenstände vorliegen. Eine Angelegenheit setzt auch nicht voraus, dass der Rechtsanwalt nur eine Problemstellung zu prüfen hat. Auch die Vertretung mehrerer Mandanten führt nicht zwangsläufig zu mehreren Angelegenheiten. Dies wird schon durch das Entstehen der Mehrvertretungsgebühr aufgefangen.
Beispiel:
Norbert Örgel sucht mit seiner Lebensgefährtin Sabrina Anft den Rechtsanwalt Claas Lever auf. Beide haben die Miete ihrer gemeinsamen Wohnung wegen eines Mangels eigenmächtig gemindert. Nun hat der Vermieter wegen angeblicher Mietrückstände gekündigt. Die Mandanten möchten sich gegen die Kündigung wehren und die Mietminderung durchsetzen. Nach der Definition des BGH liegt hier nur eine Angelegenheit vor.
Die einzelnen Streitgegenstände dürfen hier addiert werden. Es kann jedoch nur als ein Fall abgerechnet werden. Der Rechtsanwalt erhält hier die Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG.
1. Dieselbe Angelegenheit, § 16 RVG
Rz. 25
Ob mehrere Tätigkeiten oder Streitgegenstände zu ein und derselben Angelegenheit gehören, verraten in vielen Fällen die §§ 16 bis 19 RVG.
§ 16 RVG regelt dabei Fälle, die dieselbe Angelegenheit darstellen. Den Praktiker im Mietrecht werden insbesondere folgende Umstände interessieren, die zwingend zu einer Angelegenheit zusammengefasst werden:
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das Antragsverfahren auf Prozesskostenhilfe und das anschließende Hauptsacheverfahren, |
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das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts und das anschließende Hauptsachverfahren, |
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das Verfahren über den Erlass eines Arrestes oder einstweiliger Verfügung nebst deren Anordnungen über deren Abänderung oder Aufhebung (das Hauptsacheverfahren stellt hier aber eine eigene Angelegenheit dar; § 17 Abs. 4 RVG), |
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die Angelegenheiten bei der Vertretung vor einem Schiedsgericht, |
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Hauptsacheverfahren und Kostenfestsetzung nebst Rechtsmittel, |
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Rechtsmittelverfahren und Verfahren über dessen Zulassung. |
Diese Angelegenheiten dürfen nicht gesondert abgerechnet werden.
2. Verschiedene Angelegenheiten, § 17 RVG
Rz. 26
Per Gesetz sind in § 17 RVG diverse Angelegenheiten geregelt, die immer als verschiedene Angelegenheiten behandelt werden müssen. Hier sind getrennte Abrechnungen zu erstellen. Für die Praxis im Mietrecht sind folgende Fälle von Bedeutung:
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das gerichtliche Verfahren und das folgende Rechtsmittel (Beschwerde, Berufung und Revision), |
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das Mahnverfahren und das streitige Verfahren, |
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Hauptsacheverfahren und Arrest oder einstwe... |