Rz. 181
Die Neuregelung des § 715 BGB führt den Normenbestand der §§ 709 bis 712 BGB alt unter der Überschrift "Geschäftsführungsbefugnis" zusammen und soll damit den Unterschied der Geschäftsführung zum Grundlagengeschäft herausstellen, der nach altem Recht durch eine einheitliche Verwendung des Begriffs "Geschäftsführung" (vgl. §§ 709, 710 BGB alt) verdeckt wurde (wohingegen § 715 BGB alt die Entziehung der Vertretungsmacht regelte):
(1) Zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft sind alle Gesellschafter berechtigt und verpflichtet.
(2) Die Befugnis zur Geschäftsführung erstreckt sich auf alle Geschäfte, die die Teilnahme der Gesellschaft am Rechtsverkehr gewöhnlich mit sich bringt. Zur Vornahme von Geschäften, die darüber hinausgehen, ist ein Beschluss aller Gesellschafter erforderlich.
(3) Die Geschäftsführung steht allen Gesellschaftern in der Art zu, dass sie nur gemeinsam zu handeln berechtigt sind, es sei denn, dass mit dem Aufschub eines Geschäfts Gefahr für die Gesellschaft oder das Gesellschaftsvermögen verbunden ist. Dies gilt im Zweifel entsprechend, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung mehreren Gesellschaftern zusteht.
(4) Steht nach dem Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung allen oder mehreren Gesellschaftern in der Art zu, dass jeder allein zu handeln berechtigt ist, kann jeder andere geschäftsführungsbefugte Gesellschafter der Vornahme des Geschäfts widersprechen. Im Fall des Widerspruchs muss das Geschäft unterbleiben.
(5) Die Befugnis zur Geschäftsführung kann einem Gesellschafter durch Beschluss der anderen Gesellschafter ganz oder teilweise entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund ist insbesondere eine grobe Pflichtverletzung des Gesellschafters oder die Unfähigkeit des Gesellschafters zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung.
(6) Der Gesellschafter kann seinerseits die Geschäftsführung ganz oder teilweise kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. § 671 Absatz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.
a) Geschäftsführung
Rz. 182
Das MoPeG bringt eine strikte Trennung von Geschäftsführungsbefugnis (§ 715 BGB) und Vertretung (§ 720 BGB).
Zitat
"Geschäftsführung ist jede zur Förderung des Gesellschaftszwecks ausgeübte Tätigkeit, mit Ausnahme solcher Maßnahmen, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen". "Das Geschäftsführungsrecht gehört zu den unentziehbaren Rechten eines jeden Gesellschafters (Grundsatz der Selbstorganschaft)".
Rz. 183
Maßnahmen hingegen, die die Grundlage der Gesellschaft betreffen (Grundlagengeschäfte, die die Zusammensetzung und Organisation der GbR im Grundsätzlichen betreffen), bedürfen wegen ihrer weitreichenden Bedeutung der Gestaltung durch die Gesamtheit aller Gesellschafter im Rahmen der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung und stehen damit nicht zur Disposition der Geschäftsführer (es sei denn, diesen ist im Gesellschaftsvertrag ausnahmsweise eine entsprechende Ermächtigung eingeräumt worden).
Von einer Tätigkeit als Geschäftsführungsmaßnahme ist der sachliche Umfang der Geschäftsführungsbefugnis zu unterscheiden: Liegt die konkret in Rede stehende, "nicht der Grundlagen-, sondern der Geschäftsführungsebene zugehörende Tätigkeit eines Geschäftsführers noch im Bereich der durch den Gesellschaftsvertrag erteilten Ermächtigung"?
b) Recht und Pflicht zur Geschäftsführung
Rz. 184
Zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft sind nach § 715 Abs. 1 BGB – dem § 114 Abs. 1 HGB alt (respektive der Neuregelung des § 116 Abs. 1 HGB) nachgebildet – (kraft Mitgliedschaft) vorbehaltlich einer anderweitigen gesellschaftsvertraglichen Regelung alle (d.h. jeder) Gesellschafter berechtigt und verpflichtet (Grundsatz der Selbstorganschaft).
Beachte:
Das Recht zur Geschäftsführung ist gemäß § 708 BGB gesellschaftsvertraglich abdingbar. Nach § 715 Abs. 5 S. 1 BGB kann es gegen den Willen eines Gesellschafters diesem aus "wichtigem Grund" auch entzogen werden.
Rz. 185
Das Recht auf Geschäftsführung korrespondiert mit einer entsprechenden Pflicht zur Mitwirkung an der Geschäftsführung – d.h. Geschäfte nicht durch Passivität bzw. nicht am Gesellschaftsinteresse orientierten Widerstand zu blockieren – gegenüber der GbR und den Mitgesellschaftern (Pflichtrecht).
Rz. 186
Insbesondere Vergütungsanspruch
Das Pflichtrecht hat zur Folge, dass der geschäftsführungsbefugte Gesellschafter für seine Tätigkeit grundsätzlich keinen Vergütungsanspruch nach Dienstvertragsrecht (§§ 611 ff. BGB) hat: Seine Mühewaltung wird schon durch seine Gewinnbeteiligung abgegolten (weshalb immer geprüft werden muss, ob eine Vergütungsvereinbarung oder ein Gewinnvoraus in Rede steht). Soll gleichwohl eine (zusätzliche) Vergütung neben der Gewinnbeteiligung erfolgen, bedarf dies eine...