Rz. 159
Verbleibt nur noch ein Gesellschafter, so erlischt die Gesellschaft nach § 712a Abs. 1 S. 1 BGB ohne Liquidation.
Voraussetzung des Erlöschens ist, dass der vorletzte Gesellschafter aus einer noch nicht vollbeendeten Gesellschaft vorausscheidet (ohne dass es auf den Grund ankommt), wobei der Ausscheidensgrund unerheblich ist. Im Falle einer Mehr-Personen-Gesellschaft – aus der alle bis auf den letzten Gesellschafter ausscheiden – können die Ausscheidensgründe verschieden sein.
Rz. 160
Das Gesellschaftsvermögen i.S.v. § 713 BGB (mithin das Aktiv- und das Passivvermögen) geht zum Zeitpunkt des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters nach § 712a Abs. 1 S. 2 BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ipso jure auf den verbleibenden Gesellschafter über.
Rz. 161
Das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters zeitigt somit zwei Folgen:
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Die Gesellschaft erlischt gemäß § 712a Abs. 1 S. 1 BGB ohne Abwicklung (d.h. ohne Liquidation nach den §§ 735 ff. BGB – arg.: Eine GbR bedarf, wie schon bei ihrer Gründung, grundsätzlich der Beteiligung von mindestens zwei Gesellschaftern), weil Auflösung und Vollbeendigung der Gesellschaft zusammenfallen; und |
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das Gesellschaftsvermögen (d.h. das Aktiv- wie das Passivvermögen i.S.v. § 713 BGB) geht nach § 712a Abs. 1 S. 2 BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter über. Dabei handelt es sich nicht um eine Anwachsung i.S.v. § 712 Abs. 1 BGB, "da die Gesellschaft als solche nicht mehr besteht und Träger des in ihr gebundenen Vermögens der verbleibende Gesellschafter wird". |
Rz. 162
§ 712a Abs. 1 BGB stellt den Zeitpunkt des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters (Eintritt des diesen betreffenden Ausscheidensgrundes nach § 723 Abs. 3 BGB) klar, d.h., wann der Vermögensübergang bewirkt wird.
Rz. 163
Die gesetzliche Anerkennung des Übernahmerechts nach § 712a Abs. 1 S. 2 BGB erfordert – entgegen einer ursprünglich im Regierungsentwurf noch vorgesehenen Regelung – keine gesonderte Ausübung durch formlose Gestaltungserklärung bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens (Übernahmeerklärung), um den verbleibenden (vorletzten) Gesellschafter (bzw. seinen Erben) vor den Folgen eines sich sonst automatisch vollziehenden Übergangs des Gesellschaftsvermögens (vor allem auch vor der Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung nach § 712a Abs. 2 i.V.m. § 728 Abs. 1 BGB) zu schützen. Der Gesetzgeber hat letztlich von diesem noch in § 712a Abs. 1 letzter Hs. BGB-E vorgesehenen Erfordernis einer Übernahmeerklärung Abstand genommen.
Beachte:
Wenn zum Gesellschaftsvermögen Rechte an einem Grundstück gehören, gilt es die Übergangsregelung des Art. 229 § 21 Abs. 2 EGBGB zu beachten.
Beachte:
Die Vereinigung der Gesellschaftsanteile in einer Hand begründet keinen Auflösungsgrund (vgl. § 723 Abs. 1 BGB). Es kommt aber auch zu keiner Anwachsung i.S.v. § 712 Abs. 1 BGB (arg.: Die GbR als solche besteht nicht mehr, weshalb der verbleibende Gesellschafter Träger des vormals in ihr gebundenen Vermögens wird).
Rz. 164
§ 712a Abs. 1 BGB als Instrument einer Umwandlung außerhalb des UmwG (in einer Konstellation, "dass Vermögen zunächst in eine Gesellschaft eingebracht wird und sodann im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine spätestens zeitgleich gegründete neu eintretende Gesellschaft unter gleichzeitigem Austritt aller übrigen Gesellschafter übertragen wird") eröffnet "so einen kontinuierlichen Übergang des in der Gesellschaft gebundenen Vermögens auf den verbleibenden Gesellschafter. [da] eine Zerschlagung dieses Vermögens (…) aus volkswirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll" wäre.
Rz. 165
Kenntlichmachung der Gesamtrechtsnachfolge
Wie die Gesamtrechtsnachfolge kenntlich gemacht werden soll, hat der Gesetzgeber nicht geregelt. Im Falle einer eingetragenen GbR bietet es sich aber etwa an, sowohl das Erlöschen der Gesellschaft als auch das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters zur Eintragung ins Gesellschaftsregister anzumelden.