Rz. 18
Der Untertitel 2 (Rechtsfähige Gesellschaft – §§ 706 bis 739 BGB) fasst die für die rechtsfähige GbR geltenden Vorschriften zusammen. Die entsprechenden Regelungen sind – der Übersichtlichkeit halber – in sechs Kapitel untergliedert:
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Kapitel 1: Sitz; Registrierung |
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Kapitel 2: Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschafter zur Gesellschaft |
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Kapitel 3: Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu Dritten |
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Kapitel 4: Ausscheiden eines Gesellschafters |
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Kapitel 5: Auflösung der Gesellschaft |
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Kapitel 6: Liquidation der Gesellschaft |
Die rechtsfähige GbR-Außengesellschaft, die nicht notwendig unternehmenstragend sein muss (typischerweise also keine Gelegenheitsgesellschaft ist), ist das Leitbild des MoPeG.
Rz. 19
Die rechtsfähige Personengesellschaft ist gemäß § 50 ZPO naturgemäß parteifähig.
Rz. 20
Durch Folgeänderung sind nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO nunmehr "rechtsfähige Personengesellschaften" – d.h. die GbR-Außengesellschaft, die OHG, die KG, die Partnerschaftsgesellschaft, die Partenreederei und die EWiV – insolvenzfähig. Nicht insolvenzfähig sind die GbR in ihrer Gestalt als Innengesellschaft und die stille Gesellschaft (§§ 230 ff. HGB).
Rz. 21
Örtlich zuständig ist das Insolvenzgericht am Sitz der Gesellschaft (§ 3 InsO i.V.m. § 17 ZPO) – vgl. zum "Sitz" der Personengesellschaft § 706 BGB (ggf. i.V.m. § 105 Abs. 3 HGB für die Personenhandelsgesellschaft bzw. § 1 Abs. 4 PartGG für die Partnerschaftsgesellschaft). Maßgeblich ist grundsätzlich der (tatsächliche) Verwaltungssitz (§ 706 S. 1 BGB) – vgl. auch § 3 Abs. 1 S. 2 InsO: "Mittelpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit".
Rz. 22
Nach § 15a Abs. 1 S. 2 InsO müssen die Geschäftsführer einer Personengesellschaft ohne persönlich haftende natürliche Person nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung binnen drei Wochen einen Insolvenzantrag stellen (Gleichstellung der Kapitalgesellschaft & Co. [z.B. GmbH & Co. KG] mit der Kapitalgesellschaft). § 15b InsO weitet diese Gleichstellung auf das Zahlungsverbot bei Insolvenz (Abs. 1) und die Geschäftsführerhaftung wegen Insolvenzverschleppung bzw. verbotswidriger Zahlungen (Abs. 4) aus. "§ 15b InsO vereinheitlicht jetzt für sämtliche Kapitalgesellschaften und ihnen gleichgestellte Personengesellschaften die Regelungen zum Zahlungsverbot und zur Geschäftsleiterhaftung wegen verbotswidriger Zahlungen".
I. Sitz und Registrierung der Gesellschaft im Gesellschaftsregister
Rz. 23
Die Neuregelung des § 706 BGB (Sitz der Gesellschaft) – § 706 BGB alt regelte die Beitragspflicht der Gesellschafter – hat folgenden Wortlaut:
Sitz der Gesellschaft ist der Ort, an dem deren Geschäfte tatsächlich geführt werden (Verwaltungssitz). Ist die Gesellschaft im Gesellschaftsregister eingetragen und haben die Gesellschafter einen Ort im Inland als Sitz vereinbart (Vertragssitz), so ist abweichend von Satz 1 dieser Ort Sitz der Gesellschaft.
1. Legaldefinition von Verwaltungs- und Vertragssitz
Rz. 24
§ 706 BGB definiert zum ersten Mal legal den Verwaltungs- und den Vertragssitz. Verwaltungssitz ist der Ort, an dem die Verwaltung tatsächlich geführt wird. Der Gesetzgeber war der Ansicht, dass der Begriff "Verwaltungssitz" im Übrigen einer weiteren sinnvollen Konkretisierung nicht zugänglich sei.
2. Trennung des Verwaltungssitzes vom Vertragssitz
Rz. 25
Unter bestimmten Voraussetzungen – nämlich, wenn die Gesellschaft im Gesellschaftsregister eingetragen ist und die Gesellschafter einen Ort im Inland als Sitz vereinbart haben – ist eine Trennung des Verwaltungs- vom Vertragssitz möglich, und zwar unabhängig davon, ob die Gesellschaft ihren Verwaltungssitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat hat.
Damit ermöglicht der Gesetzgeber eine freie Sitzwahl bei der GbR.
Die Gesellschafter einer GbR können infolge § 706 BGB einen auch nach außen hin verbindlichen Vertragssitz vereinbaren. Der Vertragssitz kann vom Verwaltungssitz abweichen.
Rz. 26
Das Sitzwahlrecht unterliegt zwei Beschränkungen:
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Es greift nur dann, wenn die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen ist. Dies liegt darin begründet, dass aufgrund der Bedeutung des Sitzes bspw. im Hinblick auf die Zuständigkeit des Registergerichts (vgl. § 707 Abs. 1 BGB), des Prozessgerichts (§ 17 Abs. 1 S. 2 ZPO) bzw. des Insolvenzgerichts (§§ 3, 4 InsO) die Sitzwahl einer "verlässlichen Grundlage" bedarf. Insoweit bietet der formlos mögliche Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft – im Vergleich zur notariell zu beurkundenden Satzung einer GmbH (§ 2 Abs. 1 S. 1 GmbHG) oder A... |