Rz. 380
Das sechste Kapitel (§§ 735 bis 739 BGB) fasst den Normenbestand der §§ 730 bis 735 BGB alt (in Anlehnung an die §§ 145 bis 159 HGB alt) zusammen und ordnet ihn vor dem Hintergrund der rechtlichen Verselbstständigung der GbR unter der Bezeichnung "Liquidation der Gesellschaft" in Angleichung an das Recht der Personenhandelsgesellschaften. Dabei werden die Rechtsfolgen der Auflösung der Gesellschaft im Zuge ihrer Liquidation inhaltlich neu geregelt. Von einer Kodifizierung der gesellschaftsrechtlichen Durchsetzungssperre (mit dem Ziel, Hin- und Herzahlungen während der Liquidation zu unterbinden) hat der Gesetzgeber jedoch bewusst Abstand genommen.
I. Notwendigkeit der Liquidation und anwendbare Vorschriften (§ 735 BGB)
Rz. 381
Die Neuregelung des § 735 BGB über die Notwendigkeit einer Liquidation und die dabei anwendbaren Vorschriften (wohingegen § 735 BGB alt die Nachschusspflicht bei Verlust geregelt hatte) hat folgenden Wortlaut:
(1) Nach Auflösung der Gesellschaft findet die Liquidation statt, sofern nicht über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Ist die Gesellschaft durch Löschung wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst, findet eine Liquidation nur statt, wenn sich nach der Löschung herausstellt, dass noch Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt.
(2) Die Gesellschafter können anstelle der Liquidation eine andere Art der Abwicklung vereinbaren. Ist aufgrund einer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft durch die Kündigung eines Privatgläubigers eines Gesellschafters oder durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst, bedarf eine Vereinbarung über eine andere Art der Abwicklung der Zustimmung des Privatgläubigers oder des Insolvenzverwalters. Ist im Insolvenzverfahren Eigenverwaltung angeordnet, tritt an die Stelle der Zustimmung des Insolvenzverwalters die Zustimmung des Schuldners.
(3) Die Liquidation erfolgt nach den folgenden Vorschriften dieses Kapitels, sofern sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag etwas anderes ergibt.
1. Grundsatz: Aufgelöste Gesellschaft ist durch Liquidation abzuwickeln
Rz. 382
Nach Auflösung der Gesellschaft als Rechtssubjekt (vgl. § 729 BGB) findet gemäß § 735 Abs. 1 S. 1 BGB – entsprechend § 730 Abs. 1 BGB alt – die Liquidation nach Maßgabe der §§ 735 bis 739 BGB statt, sofern nicht über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, ist es hingegen Aufgabe des Insolvenzverwalters, das Gesellschaftsvermögen nach Maßgabe der InsO zu verwerten.
Rz. 383
Ist die Gesellschaft durch Löschung wegen Vermögenslosigkeit aufgelöst (§ 729 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB), findet nach § 735 Abs. 1 S. 2 BGB – in Nachbildung von § 145 Abs. 3 HGB alt – eine Liquidation nur statt, wenn sich nach der Löschung herausstellt, dass noch (Aktiv-)Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt.
Dies liegt darin begründet, dass eine Gesellschaft, bei der keine natürliche Person unbeschränkt haftet, wegen Vermögenslosigkeit im Gesellschaftsregister gelöscht werden muss (Auflösungstatbestand – vgl. § 729 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB i.V.m. § 394 FamFG). In einem solchen Fall ist eine entsprechende Gesellschaft i.d.R. nicht bloß aufgelöst, sondern vollbeendet, weswegen ein Liquidationsbedarf nur dann besteht, wenn noch verteilungsfähiges Vermögen vorhanden ist.
2. Vereinbarung einer anderen Art der Abwicklung anstelle der Liquidation
Rz. 384
Die Gesellschafter können von vornherein im Gesellschaftsvertrag oder auch noch im Nachgang während der Liquidation (was dann als Änderung des Gesellschaftsvertrags zu qualifizieren ist) anstelle der Liquidation nach der Klarstellung in § 735 Abs. 2 S. 1 BGB – in Nachbildung von § 145 Abs. 1 und 2 HGB alt – "eine andere Art der Abwicklung" (d.h. eine andere Art der Liquidation der aufgelösten, aber noch fortbestehenden Gesellschaft, sog. atypisches Liquidationsverfahren) vereinbaren – was sich nicht von selbst versteht, "da eine solche Vereinbarung im Außenverhältnis durchaus Gläubigerschutzvorschriften wie zum Beispiel das Recht auf vorrangige Gläubigerbefriedigung nach § 736d Abs. 4 BGB tangieren kann".
Rz. 385
Die vereinbarte "andere Art der Abwicklung" bedarf grundsätzlich nicht der Zustimmung Dritter (alleinige Dispositionsbefugnis der Gesellschafter), wovon zwei Ausnahmen zu machen sind (vgl. § 735 Abs. 2 S. 2 BGB): Wenn nämlich aufgrund einer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag (vgl. § 729 Abs. 4 BGB) über die gesetzlichen Auflösungsgründe des § 729 Abs. 1 BGB hinaus und entgegen § 723 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 BGB (die für diese Konstellation nur das Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters vorsehen)
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infolge Kündigung eines Privatgläubigers eines Gesellschafters oder |
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infolge Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters (Gesellschafterinsolvenz) |
die Auflösung der Gesellschaft erfolgt.
Rz. 386
Ist aufgrund einer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag die Gesellschaft durch di...