Rz. 257
Die Neuregelung der persönlichen Gesellschafterhaftung in § 721 BGB hat folgenden Wortlaut (wohingegen § 721 BGB alt die Gewinn- und Verlustverteilung geregelt hatte):
Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.
Rz. 258
Die §§ 721 bis 721b BGB statuieren in Nachbildung der §§ 128 bis 130 HGB alt (und entsprechend den Neuregelungen in den §§ 126 bis 128 HGB) die persönliche, unbeschränkte und primär gesamtschuldnerische Außenhaftung aller GbR-Gesellschafter für sämtliche (d.h. auch gesetzliche) Gesellschaftsverbindlichkeiten der GbR. Haftungsbeschränkende Vereinbarungen unter den Gesellschaftern (im Innenverhältnis) entfalten gegenüber dem Gesellschaftsgläubiger (im Außenverhältnis) keine Wirkung – selbst dann nicht, wenn der Gesellschaftsgläubiger von der Vereinbarung weiß, womit es jedoch nicht ausgeschlossen ist, dass die Gesellschaft oder einzelne Gesellschafter mit dem Gesellschaftsgläubiger eine individuelle Haftungsbeschränkung vereinbaren.
Rz. 259
§ 721 BGB zielt auf eine Sicherung des Kredits der GbR, den Ausgleich der fehlenden Kapitalsicherung und die Sicherstellung eines Gleichlaufs von Herrschaft und Haftung.
Der Regelungskomplex der
kodifiziert die vormalige Rechtsprechung des BGH zur unbeschränkten GbR-Gesellschafterhaftung analog §§ 128 bis 130 HGB alt in vollständiger Angleichung an das Haftungsregime der OHG – und zwar ohne Unterschied, ob eine
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im Gesellschaftsregister eingetragene GbR oder eine |
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nicht eingetragene GbR |
in Rede steht.
Rz. 260
Die Nachhaftung (d.h. die fortbestehende Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters) ist in § 728b BGB (entsprechend § 137 Abs. 1 und 2 HGB neu) geregelt.
Beachte:
Eine Eintrittshaftung bei Einbringung eines nichtkaufmännischen Unternehmens in eine GbR entsprechend § 28 Abs. 1 S. 1 HGB i.V.m. § 128 HGB alt ist (entsprechend der BGH-Judikatur) durch das MoPeG nicht erfolgt.
Beachte:
"Die Kodifikation bezweckt [hingegen] keine Abkehr von den von der Rechtsprechung und dem Schrifttum bereits entwickelten Ausnahmen etwa für Bauherrengemeinschaften, geschlossene Immobilienfonds, Gelegenheitsgesellschaften und gemeinnützige Gesellschaften" (Anerkennung privilegierungsbedürftiger Gesellschaften) – weshalb im Fall, dass sich die unbeschränkte Gesellschafterhaftung bei einer umfassenden Abwägung der Interessen von Gesellschaftsgläubigern und Gesellschaftern als unangemessen erweist, "auf andere adäquate Haftungsmodelle zurückgegriffen werden [kann], etwa auf eine Haftung nach Kopfteilen, eine anteilige Haftung, eine Haftung nur bis zur Höhe des vereinbarten Beitrags analog §§ 171 ff. HGB oder auf eine Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen mit daneben bestehender Handelndenhaftung analog § 54 BGB".
Rz. 261
Es besteht nach Ansicht des Gesetzgebers allerdings kein Anlass dafür, im Regelfall von der als sachgerecht erachteten Gesellschafterhaftung einzelfallbezogene Ausnahmen im Gesetz zu normieren.
Der Gesetzgeber qualifiziert insoweit seine Konzeption des Normenkomplexes der §§ 721, 721a und 721b BGB als eine "nicht abschließende Regelung", die institutionelle Haftungsbeschränkungen, bspw. im Wege
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der stillschweigenden Vereinbarung, |
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der ergänzenden Vertragsauslegung oder |
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der Analogie zu den §§ 171 ff. HGB und § 54 BGB |
grundsätzlich zulässt.
Rz. 262
Die Gesellschafterhaftung ist
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im Verhältnis zur Haftung der GbR (die gemäß § 713 BGB über ein eigenständiges Gesellschaftsvermögen verfügt) akzessorisch (Abhängigkeit der Haftung im Hinblick auf Entstehung, Inhalt, Durchsetzung und Fortbestand der Gesellschaftsverbindlichkeit) und |
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weder gegenständlich noch summenmäßig begrenzt (Ausnahme: Möglichkeit einer individuellen Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung eines oder mehrerer Gesellschafter mit dem Gesellschaftsgläubiger). |
Rz. 263
Die GbR-Gesellschafter haften dem Gesellschaftsgläubiger als Gesamt- (§§ 420 ff. BGB) und nicht etwa als Teilschuldner. Der in Anspruch genommene Gesellschafter kann den Gesellschaftsgläubiger auch nicht zunächst auf das Gesellschaftsvermögen verweisen: Ausschluss einer Einrede der Vorausklage.
Rz. 264
Die Haftung der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen erfasst sowohl
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rechtsgeschäftlich als auch |
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gesetzlich begründete Gesellschaftsverbindlichkeiten (z.B. Ansprüche aus einer unerlaubten Handlung, die ein geschäftsführungsbefugter Gesellschafter in Ausführung der ihm zustehenden ... |