Rz. 408
Die Regelung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der Liquidatoren nach § 736b BGB hat unter Zusammenfassung des Normenbestands der §§ 729 S. 1, 730 Abs. 2 S. 1 BGB alt folgenden Wortlaut erfahren:
(1) Mit der Auflösung der Gesellschaft erlischt die einem Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag übertragene Befugnis zur Geschäftsführung und Vertretung. Diese Befugnis steht von der Auflösung an allen Liquidatoren gemeinsam zu.
(2) Die bisherige Befugnis eines Gesellschafters zur Geschäftsführung und, sofern die Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister eingetragen ist, zur Vertretung gilt gleichwohl zu seinen Gunsten als fortbestehend, bis er von der Auflösung der Gesellschaft Kenntnis erlangt hat oder die Auflösung kennen muss.
1. Geschäftsführung und Vertretung nach Auflösung der Gesellschaft
Rz. 409
Mit der Auflösung der Gesellschaft erlischt nach § 736b Abs. 1 S. 1 BGB – in wesentlicher Übernahme von § 730 Abs. 2 S. 1 BGB alt – die einem Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag übertragene Befugnis zur Geschäftsführung (§ 715 BGB) und Vertretung (§ 720 BGB).
Rz. 410
Die Befugnis zur Geschäftsführung und Vertretung steht von der Auflösung an nach § 736b Abs. 1 S. 2 BGB allen Liquidatoren gemeinsam zu, "weil davon auszugehen ist, dass mit der Auflösung und der Liquidation die Interessen der Gesellschafter stärker auseinanderdriften", was "für den gesetzlichen Regelfall, dass es sich bei den Liquidatoren um die Gesellschafter handelt, (…) auch schon der Rechtslage vor Auflösung der Gesellschaft [entspricht]" (vgl. § 735 Abs. 1 S. 1 BGB). Dabei spricht nach Noack viel für eine Unbeschränkbarkeit der Vertretungsbefugnis der Liquidatoren entsprechend § 720 Abs. 3 S. 2 BGB.
2. Fiktion des Fortbestehens von Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis
Rz. 411
Die bisherige Befugnis eines Gesellschafters zur Geschäftsführung und, sofern die Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister eingetragen ist, zur Vertretung gilt in diesem Fall nach § 736b Abs. 2 BGB – in wesentlicher Übernahme von § 729 S. 1 BGB alt – gleichwohl zu seinen Gunsten als fortbestehend, bis er von der Auflösung der Gesellschaft Kenntnis erlangt hat oder die Auflösung kennen muss.
Rz. 412
§ 736b Abs. 2 BGB soll die Gesellschafter, "die vor der Auflösung zur Geschäftsführung und Vertretung berufen sind, vor den Risiken des durch Auflösung der Gesellschaft eintretenden Erlöschens dieser Befugnis schützen", wenn sie die Auflösung weder kennen noch kennen müssen. Für diesen Fall wird zu ihren Gunsten der Fortbestand der Geschäftsführungsbefugnis fingiert.
Beachte:
In Bezug auf die Vertretungsbefugnis gilt die gesetzliche Fiktion des Fortbestands aber nur, wenn die Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister eingetragen ist (eingetragene GbR). Bei der eingetragenen GbR geht nach § 707a Abs. 3 S. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 2 HGB der Registereintrag vor. Insoweit gewährleistet § 736b Abs. 2 BGB, "dass die betroffenen Gesellschafter weder im Innenverhältnis als Geschäftsführer ohne Auftrag, noch im Außenverhältnis als Vertreter ohne Vertretungsmacht haftbar gemacht werden können".