Rz. 308
Die Kündigung der Mitgliedschaft durch einen Privatgläubiger des Gesellschafters nach § 726 BGB hat – in wesentlicher Übernahme von § 725 BGB alt – folgenden Wortlaut (wohingegen § 726 BGB alt die Auflösung der Gesellschaft wegen Erreichens oder Unmöglichwerdens des Zweckes geregelt hatte):
Hat ein Privatgläubiger eines Gesellschafters, nachdem innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Gesellschafters ohne Erfolg versucht wurde, aufgrund eines nicht bloß vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels die Pfändung des Anteils des Gesellschafters an der Gesellschaft erwirkt, kann er dessen Mitgliedschaft gegenüber der Gesellschaft unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ablauf des Kalenderjahrs kündigen.
Rz. 309
Über § 726 BGB können Privatgläubiger einzelner Gesellschafter – denen selbst keine Forderung gegen die Gesellschaft selbst zusteht und die damit mangels erlangbaren Titels auch keine Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen betreiben können – über den "Umweg" einer Kündigung der Mitgliedschaft des Gesellschafter-Schuldners indirekt auf das in dessen Mitgliedschaft gebundene Vermögen (vor allem auf dessen Abfindungsguthaben) Zugriff nehmen.
Rz. 310
Der Privatgläubiger hat ein Kündigungsrecht gegenüber der Gesellschaft, womit "klargestellt [wird], dass dessen Anspruch auf einer individuellen Rechtsbeziehung zum Gesellschafter-Schuldner beruhen muss, nicht aber aus einem – über § 721 BGB gegen den Gesellschafter geltend zu machenden – Rechtsverhältnis zur Gesellschaft herrühren darf" (arg.: § 721c Abs. 1 BGB [Einwendungen und Einreden des Gesellschafters] hindert den Privatgläubiger wegen eines eigenen Anspruchs gegen den Gesellschafter die Vollstreckung unmittelbar in das Gesellschaftsvermögen zu betreiben).
Rz. 311
Die Geltendmachung des Kündigungsrechts hat drei Voraussetzungen:
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Der Privatgläubiger hat den Anteil des Gesellschafters wirksam gepfändet. |
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Der Pfändung muss ein nicht bloß vorläufig vollstreckbarer Schuldtitel zugrunde liegen. "Nicht bloß vorläufig vollstreckbar" sind alle Schuldtitel, die mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angegriffen werden können. |
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Im Zeitpunkt der Kündigung hat der Kündigende einen nicht befriedigten Anspruch gegen den Gesellschafter – was voraussetzt, dass der Privatgläubiger oder ein Dritter (entsprechend § 135 HGB alt) innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung in das sonstige bewegliche Vermögen des Gesellschafters ohne Erfolg versucht haben (erfolgloser Vollstreckungsversuch). Damit soll die Gesellschaft vor der Belastung einer Abfindungszahlung bewahrt werden, "wenn sich der Privatgläubiger auch anderweitig durch Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Gesellschafters [noch] befriedigen kann". |
Rz. 312
Die Mitgliedschaft kann mit dem Ziel eines Schutzes der Gesellschaft – parallel zur ordentlichen Kündigung der Mitgliedschaft durch den Gesellschafter nach § 725 Abs. 1 BGB (s. vorstehende Rdn 297 f.) – nur mit einer Frist von drei Monaten zum Ablauf des Kalenderjahres gekündigt werden kann. Dies erscheint dem Gesetzgeber "ausreichend, aber auch erforderlich, um den Nachteilen, die mit einer plötzlichen Veränderung der Gesellschafterstruktur verbunden sein können, rechtzeitig entgegenzuwirken".