Rz. 111

Im Einzelfall erfolgt die Bestimmung der Gebühr in dem jeweiligen Rahmen durch den RA. Der RA hat hierbei im Rahmen des § 14 RVG einen gewissen Ermessensspielraum, was aber nicht bedeutet, dass der RA die Gebühr besonders hoch festlegen darf, weil er vielleicht gerade Geld braucht.

Der Betrag der Gebühr in Euro bzw. der Gebührensatz muss vom RA gemäß § 14 Abs. 1 RVG in einer unter Berücksichtigung aller persönlichen und sachlichen Umstände des Einzelfalles angemessenen Höhe bestimmt werden. Im Gesetz werden einige Anhaltspunkte angegeben, nach denen der RA sein Ermessen ausüben soll. Bei diesen Anhaltspunkten handelt es sich aber nur um vom Gesetz vorgegebene Beispiele ("vor allem"), da aber alle Umstände zu beachten sind, können im konkreten Einzelfall auch noch weitere Gesichtspunkte wesentlich sein.

 

Rz. 112

Sehen wir uns einmal die vom Gesetz genannten Umstände genauer an (vgl. auch § 10 Rdn 8). Danach sind zu berücksichtigen:

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit. Hier spielt z. B. der Arbeitsaufwand des RA, insbesondere die zeitliche Dauer der Hauptverhandlung in Strafsachen, eine entscheidende Rolle. Denn es ist schon ein Unterschied, ob die Hauptverhandlung nur eine Stunde oder den ganzen Tag über dauert. Es ist auch ein zeitlicher Unterschied, ob ein Strafverteidiger sich mit seinem Mandanten in seiner Kanzlei oder im Untersuchungsgefängnis bespricht. Ähnliche Überlegungen sind z. B. über die Länge von Schriftsätzen oder die Dauer von Vertragsverhandlungen (Besprechungen mit der Gegenpartei im Rahmen der Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG) anzustellen.
Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. Unter Umfang der Tätigkeit versteht man den zeitlichen Arbeitsaufwand, wogegen unter Schwierigkeit insbesondere die fachlichen Anforderungen an den RA gemeint sind. Hier ist an Fälle zu denken, in denen erhebliche, im Normalfall nicht vorkommende Probleme juristischer oder nicht juristischer Art auftauchen. Es kann sich hierbei um juristische Spezialkenntnisse handeln, über die nicht jeder RA verfügt, oder z. B. um Fremdsprachenkenntnisse des RA, der einen Ausländer verteidigt.
Die Bedeutung der Angelegenheit. Hier ist die Bedeutung gemeint, die die Angelegenheit für den Auftraggeber hat – nicht die Bedeutung für den RA. Die Bedeutung kann darin liegen, welche Auswirkungen die Angelegenheit auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers hat, auf seine gesellschaftliche Stellung und auf sein Ansehen im öffentlichen Leben (z. B. bekannter Politiker). In Strafsachen wird die Bedeutung insbesondere daran zu messen sein, welche Folgen eine Verurteilung für den Beschuldigten mit sich bringen würde. Auf den Erfolg der Tätigkeit des RA kommt es hierbei nicht an; es ist also für die Bestimmung der Gebühr gleichgültig, ob der Angeklagte freigesprochen oder verurteilt wird, da die Bedeutung sich an den zu erwartenden Folgen orientiert.

Die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers. Da dies häufig falsch gesehen wird, sei zuerst darauf hingewiesen, dass die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers nicht allein über die Höhe der Gebühr entscheiden, sondern nur neben den anderen genannten Umständen zur Gebührenbestimmung herangezogen werden.

Dabei werden auch nur die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers, nicht etwa des erstattungspflichtigen Gegners herangezogen. Ausschlaggebend sind neben der Höhe des Einkommens des Auftraggebers auch seine laufenden Ausgaben und insbesondere seine Unterhaltsverpflichtungen.

Der Grundgedanke dafür, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers mit zu berücksichtigen, liegt darin, dass niemand durch die Inanspruchnahme des RA in wirtschaftliche Not geraten soll. Andererseits soll der, der es sich leisten kann, auch eine höhere Gebühr bezahlen. Da der wirtschaftliche Gesichtspunkt aber nur einer der zu berücksichtigenden Umstände ist, bedeutet dies nicht, dass der "Arme" immer nur die Mindestgebühr und der "Reiche" immer nur die Höchstgebühr bezahlen muss. In diesen Fällen ist aber eine Ermäßigung der aufgrund der anderen Umstände ermittelten Gebühr bzw. eine Erhöhung derselben vorzunehmen.

Ein besonderes Haftungsrisiko des RA. Bei Satzrahmengebühren (z. B. Geschäftsgebühr) kann nach § 14 Abs. 1 S. 2 RVG ein besonderes Haftungsrisiko des RA bei der Bemessung der Höhe des Gebührensatzes herangezogen werden. Bei den Betragsrahmengebühren (z. B. in Strafsachen) muss ein besonderes Haftungsrisiko des RA nach § 14 Abs. 1 S. 3 RVG berücksichtigt werden. Ein besonders hohes Haftungsrisiko des RA bei ansonsten gleichen Umständen kann sich also gebührenerhöhend auswirken; dies ist dann gegeben, wenn die Gefahr, für eine Pflichtverletzung bei Ausübung der Anwaltstätigkeit haften zu müssen, gegenüber dem Normalfall besonders hoch ist. Dass ein RA für Fehler gegenüber seinem Auftraggeber haften muss, ist normal und in der Bemessung der regulären Gebühren bereits einkalkuliert. Deshalb ist nach § 14 Abs. 1 RVG nur ein außergewöhnliches Haftungs...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge