Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 104
In diesem zweiten Abschnitt des Paragrafenteils des RVG werden die Wertgebühren, die Rahmengebühren und der Abgeltungsbereich der Gebühren definiert.
I. Berechnung der Wertgebühren (§ 13 RVG)
Rz. 105
Die Gebühren des Rechtsanwalts werden häufig nach dem Gegenstandswert berechnet, um den es in der betreffenden Angelegenheit geht (§ 2 Abs. 1 RVG). Man spricht hier auch von Wertgebühren. Siehe auch Rdn 7 ff.
Rz. 106
Um den Betrag einer bestimmten Gebühr in Euro zu ermitteln, benötigen Sie zwei Angaben, nämlich
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den Gebührensatz für die betreffende Gebühr, den Sie aus dem Vergütungsverzeichnis des RVG entnehmen können und |
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die Gebühr aus der Tabelle, die Sie aus der dem RVG als Anlage 2 beigefügten Tabelle ablesen können (§ 13 Abs. 1 S. 3 RVG). Bei den in der Tabelle aufgeführten Gebühren handelt es sich um die zu der jeweiligen Wertstufe gehörenden Gebühren, die sozusagen für den Gebührensatz 1,0 gelten. |
Die konkrete Gebühr ermitteln Sie dann, indem Sie die aus der Tabelle abgelesene Gebühr mit dem aus dem Vergütungsverzeichnis entnommenen Gebührensatz multiplizieren.
Hinweis:
Die in § 13 Abs. 1 S. 2 RVG enthaltene Aufstellung regelt nur den Aufbau der Gebührentabelle, die in der Anlage 2 zum RVG abgedruckt ist, und dient nicht dazu, aus ihr die Gebühren direkt abzulesen. Sie werden jedoch die Angaben aus der Darstellung in § 13 Abs. 1 S. 2 RVG benötigen, um Gebühren auszurechnen, wenn der Gegenstandswert höher als 500.000,00 EUR liegt, da bei diesem Wert die Tabelle in Anlage 2 endet.
Verwenden Sie also zum Berechnen der Gebühren nur die Tabelle in Anlage 2 und auch nicht die Tabelle aus § 49 RVG, die nur dann gilt, wenn dem Auftraggeber Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.
Rz. 107
Die Gebührentabelle für den Gebührensatz 1,0 befindet sich in Anlage 2 am Ende des RVG.
Schließlich ist in § 13 Abs. 2 RVG noch der Mindestbetrag einer Gebühr vorgeschrieben; danach beträgt die Mindestgebühr 15 Euro.
II. Rahmengebühren (§ 14 RVG)
1. Arten von Rahmengebühren
Rz. 108
→ Dazu Aufgaben Gruppe 1
Rahmengebühren sind solche Gebühren, die sich nicht nach einem festen Gebührensatz wie die meisten Wertgebühren nach dem Gegenstandswert richten, sondern für die das RVG einen Gebührenrahmen vorsieht, für den nur die untere und die obere Grenze festgelegt ist.
Im RVG gibt es zwei Arten von Rahmengebühren, wobei für beide § 14 RVG gilt: Betragsrahmengebühren und Satzrahmengebühren. Innerhalb des Gebührenrahmens erfolgt in jedem einzelnen Fall unter Berücksichtigung aller Umstände die Festlegung der für diesen speziellen Fall angemessenen Gebühr.
Rz. 109
Betragsrahmengebühren sind Gebühren, für die nur ein Mindest- und ein Höchstbetrag in Euro bestimmt ist. Innerhalb des Betragsrahmens wird dann die im jeweiligen Einzelfall nach § 14 RVG geschuldete Gebühr bestimmt. Hauptanwendungsfall für Betragsrahmengebühren sind die Gebühren in Strafsachen (Nrn. 4100 ff. VV RVG; siehe auch § 10 Rdn 8). Als Beispiel für einen Betragsrahmen nehmen wir Nr. 4104 VV RVG, wo ein Betragsrahmen von 44,00 EUR bis 319,00 EUR vorgegeben ist.
Rz. 110
Satzrahmengebühren sind Gebühren, für die im RVG nur ein Mindest- und ein Höchstsatz bestimmt ist. Unter Gebührensatz ist hier ein Multiplikator der Gebühr nach § 13 RVG, die für einen Gebührensatz von 1,0 steht, zu verstehen. Innerhalb des Spielraums des Gebührensatzrahmens muss unter Berücksichtigung aller Umstände der im Einzelfall angemessene Gebührensatz festgelegt werden. Wenn man so den Gebührensatz bestimmt hat, ergibt sich die Höhe der Gebühr in Euro zwangsläufig nach dem Gegenstandswert aus der Gebührentabelle. Hauptanwendungsfall für Satzrahmengebühren ist die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 Anm. Abs. 1 VV RVG, für die ein Gebührensatzrahmen zwischen 0,5 und 2,5 vorgesehen ist (siehe auch § 4 Rdn 3 ff.). Satzrahmengebühren finden vorwiegend bei außergerichtlichen Tätigkeiten des RA Anwendung.
2. Die Bestimmung der Rahmengebühr im Einzelfall
Rz. 111
Im Einzelfall erfolgt die Bestimmung der Gebühr in dem jeweiligen Rahmen durch den RA. Der RA hat hierbei im Rahmen des § 14 RVG einen gewissen Ermessensspielraum, was aber nicht bedeutet, dass der RA die Gebühr besonders hoch festlegen darf, weil er vielleicht gerade Geld braucht.
Der Betrag der Gebühr in Euro bzw. der Gebührensatz muss vom RA gemäß § 14 Abs. 1 RVG in einer unter Berücksichtigung aller persönlichen und sachlichen Umstände des Einzelfalles angemessenen Höhe bestimmt werden. Im Gesetz werden einige Anhaltspunkte angegeben, nach denen der RA sein Ermessen ausüben soll. Bei diesen Anhaltspunkten handelt es sich aber nur um vom Gesetz vorgegebene Beispiele ("vor allem"), da aber alle Umstände zu beachten sind, können im konkreten Einzelfall auch noch weitere Gesichtspunkte wesentlich sein.
Rz. 112
Sehen wir uns einmal die vom Gesetz genannten Umstände genauer an (vgl. auch § 10 Rdn 8). Danach sind zu berücksichtigen:
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Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit. Hier spielt z. B. der Arbeitsaufwand des RA, insbesondere die zeitliche Dauer der Hauptverhandlung in Strafsachen, eine entscheidende Rolle. Denn es ist schon ein Unterschied, ob die Hauptverhandlung nur eine Stunde oder den ganzen Tag übe... |