Prof. Dr. Jutta Müller-Lukoschek
Rz. 337
Gem. Art. 64 ErbVO wird das Zeugnis in dem Mitgliedstaat ausgestellt, dessen Gerichte nach den Artt. 4, 7, 10 und 11 ErbVO zuständig sind, es gelten also die gleichen Zuständigkeitsregelungen für die Ausstellung des ENZ wie für die übrigen Verfahren; der zuständige Mitgliedstaat erteilt also sowohl den nationalen Erbnachweis wie auch das ENZ.
Rz. 338
Grundsätzlich ist für die Ausstellung des ENZ das Gericht am letzten gewöhnlichen Aufenthalt zuständig (Art. 64 i.V.m. Art. 4 ErbVO). In diesem Falle besteht eine Allzuständigkeit und das ENZ kann nicht auf den Nachlass in einem Mitgliedstaat beschränkt werden.
Ist ein deutsches Gericht zuständig, so kann zwar der Erbschein auf die im Inland befindlichen Gegenstände beschränkt werden, nicht dagegen das vom gleichen Gericht ausgestellte ENZ, dieses bezieht sich immer auf alle Nachlassgegenstände (abgesehen von Vermögenswerten in Drittstaaten bei einer Beschränkung gemäß Art. 12 ErbVO, siehe Rn 342).
Rz. 339
Die Möglichkeit der Beschränkung des Erbscheins auf den im Inland befindlichen Nachlass ergibt sich nach bisherigem Recht aus § 2369 Abs. 1 BGB; zukünftig wird diese Regelung (im Zuge der Bereinigung/Überführung von BGB Vorschriften in das Farm FG) in das FamFG gestellt (§ 352c FamFG n.F.); eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden. Die Vorschrift gilt weiter für denjenigen deutschen Erbschein, bei dem die Zuständigkeit allein auf nationalem Recht fußt (vgl. Rn 25). Insoweit kann sich dieser deutsche Erbschein gar nicht auf andere Nachlassgegenstände beziehen als solche, die im Inland belegen sind (selbst wenn der Antragsteller von der Möglichkeit der Beschränkung keinen Gebrauch macht).
Rz. 340
Hatte der Erblasser eine Rechtswahl zugunsten des Rechts eines Mitgliedstaates getroffen (Art. 22 ErbVO), so gilt auch für die Internationale Zuständigkeit zur Ausstellung des (unbeschränkten) ENZ, dass die Parteien die Zuständigkeit des Heimatstaates durch Gerichtsstandsvereinbarung etc. begründen können.
Rz. 341
Für den Fall, dass sich der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers nicht in einem Mitgliedstaat befand, kann über Art. 10 oder Art. 11 ErbVO die subsidiäre Zuständigkeit bzw. Notzuständigkeit eines Mitgliedstaates begründet sein. Bei einer auf Art. 10 Abs. 2 ErbVO gestützten Zuständigkeit ist auch das ENZ auf den inländischen Nachlass beschränkt.
Rz. 342
Eine Beschränkung des ENZ kommt auch nach Art. 12 ErbVO in Frage, sofern sich Nachlassgegenstände in einem Drittstaat befinden.
Das ENZ kann entweder von einem Gericht (sachliche Zuständigkeit in Deutschland: Nachlassgericht gem. § 34 Abs. 4 IntErbRVG) oder von einer Behörde ausgestellt werden (Art. 64 ErbVO); der Begriff des Gerichts ist in Art. 3 Abs. 2 ErbVO geregelt, er ist weit auszulegen und erfasst insbesondere unter den dort geregelten Voraussetzungen auch Notare, die in verschiedenen Mitgliedstaaten für die Ausstellung des nationalen Erbausweises zuständig sind (in Deutschland nur das Notariat in Baden-Württemberg, soweit es als Nachlassgericht tätig wird).
Es bleibt dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten überlassen, die innerstaatlichen Zuständigkeiten zu bestimmen. In Deutschland richtet sich die örtliche Zuständigkeit des Nachlassgerichts nach § 34 IntErbRVG: Fußt die Internationale Zuständigkeit für die Erteilung des ENZ gem. Art. 64 ErbVO auf der Grundregel des Art. 4 ErbVO (gewöhnlicher Aufenthalt des Erblassers in Deutschland), so ist auch die örtliche Zuständigkeit an den gewöhnlichen Aufenthalt geknüpft (§ 34 Abs. 3 IntErbRVG). Bei einer Gerichtsstandsvereinbarung ist das gewählte Gericht örtlich zuständig bzw. dasjenige, dessen Zuständigkeit die Verfahrensparteien anerkannt haben, vergleiche § 34 Abs. 1 und Abs. 2 IntErbRVG. Bei einer Zuständigkeit über Art. 10 oder 11 ErbVO bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ansonsten ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig; dieses kann die Sache aus wichtigem Grund an ein anderes Nachlassgericht verweisen (§ 34 Abs. 3 IntErbRVG).