Prof. Dr. Jutta Müller-Lukoschek
Rz. 349
Die erforderlichen Nachweise ergeben sich aus der Prüfungspflicht der Ausstellungsbehörde (Art. 66 ErbVO). Die ErbVO gewährt dem nationalen Recht dabei weiten Spielraum bei der Frage, wie der Nachweis über die Tatsachen zu führen ist. Nachforschungen von Amts wegen sind anzustellen, soweit das eigene Recht dies vorsieht. Das ist gem. §§ 2358, 2359 BGB bisherige Fassung (entspricht § 352e n.F. FamFG) im deutschen Recht der Fall, so dass der Erteilung des ENZ in Deutschland eine Prüfung vorausgeht, die der bei der Erteilung des Erbscheins entspricht. Das IntErbRVG sieht selbst keine eigenständige Regelungen zu den Nachweisen vor – es gilt insoweit die allgemeine Verweisung des § 35 Abs. 1 IntErbRVG auf das FamFG-Verfahren.
Rz. 350
Art. 66 Nr. 1 letzter Hs. ErbVO lässt dabei noch ein weiteres Ermessen zu als § 2356 Abs. 1 BGB a.F. (entspricht § 352 Abs. 3 S. 1 FamFG n.F.), denn die Ausstellungsbehörde kann – ohne Begrenzung – weitere Nachweise verlangen, die sie für erforderlich erachtet. Ein deutsches Nachlassgericht wird deshalb in aller Regel öffentliche Urkunden verlangen und daneben von Art. 66 Abs. 3 ErbVO Gebrauch machen: Da § 2356 Abs. 2 BGB derzeitige Fassung (entspricht § 352 Abs. 3 S. 2 n.F. FamFG) die eidesstattliche Versicherung vorsieht, kann das Gericht sie verlangen. § 36 Abs. 2 S. 1 IntErbRVG sieht entsprechend die eidesstattliche Versicherung durch den Antragsteller vor, das Nachlassgericht kann sie aber erlassen, wenn es sie nicht für erforderlich hält (§ 36 Abs. 2 S. 2 IntErbRVG).
Mitgliedstaaten, bei denen das Verfahren keine eidesstattliche Versicherung vorsieht, können andere Stellen beteiligen; Erwägensgrund 70 nennt in diesem Zusammenhang Stellen, vor denen eidesstattliche Versicherungen abgegeben werden können. Jeder Mitgliedstaat legt selbst fest, welche Stelle intern (Gericht/Behörde/Notar) für die Ausstellung des ENZ zuständig ist. Die Mitgliedstaaten sollen der Kommission die einschlägigen Angaben zu ihren Ausstellungsbehörden mitteilen, damit diese Angaben der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können.
Rz. 351
Gem. Art. 66 Abs. 5 ErbVO stellen die Mitgliedstaaten auf Ersuchen Angaben aus Personenstandsregistern etc. zur Verfügung, sofern nach innerstaatlichem Recht eine Befugnis besteht, diese Angaben einer inländischen Behörde zur Verfügung zu stellen
Rz. 352
Das ENZ wird gem. Art. 67 Abs. 1 ErbVO unverzüglich erteilt, wenn der zu bescheinigende Sachverhalt feststeht; die Berechtigten sind von der Ausstellung des Zeugnisses gem. Art. 67 Abs. 2 ErbVO unterrichten.
§ 39 Abs. 1 S. 1 IntErbRVG setzt diese Vorgaben entsprechend um, das Nachlassgericht entscheidet durch Ausstellung der Urschrift des ENZ, sofern die Voraussetzungen für die Ausstellung vorliegen und erteilt eine beglaubigte Abschrift (bzw. verlängert die Gültigkeitsfrist einer bereits erteilten beglaubigten Abschrift).
Rz. 353
Liegen die Voraussetzungen des Art. 67 Abs. 1 nicht vor, wird das ENZ nicht ausgestellt.
Die Ausstellung des Zeugnisses wird gem. Art. 67 Abs. 1 Buchstabe a und b ErbVO insbesondere auch dann versagt, wenn Einwände gegen die im ENZ zu bescheinigenden Sachverhalt anhängig sind oder das Zeugnis mit einer Entscheidung zum selben Sachverhalt nicht vereinbar wäre.
Nach § 39 Abs. 1 S. 3 IntErbRVG erfolgt die Ablehnung der Erteilung des ENZ durch (begründeten) Beschluss (der Inhalt des Beschlusses ergibt sich aus § 38 Abs. 2 und 3 FamFG).
Die Bekanntgabe der Entscheidung regelt § 40 in Verbindung mit § 39 Abs. 1 S. 2 IntErbRVG. Wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer beglaubigten Abschrift (bzw. der Verlängerung der Gültigkeitsfrist) vorliegen, wird diese dem Antragsteller erteilt. Anderen Beteiligten wird dagegen nur eine einfache Abschrift ausgestellt (die keinen Gutglaubensschutz genießt, vgl. dazu Rn 382).