Rz. 111
Die Möglichkeit, ein Erfolgshonorar mit dem Mandanten zu vereinbaren, ist durch das Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt, welches zum 1.10.2021 in Kraft getreten ist, teilweise vergrößert worden. § 4a RVG n.F. ist wie folgt reformiert worden:
"Erfolgshonorar"
(1) Ein Erfolgshonorar (§ 49b Absatz 2 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung) darf nur vereinbart werden, wenn
1. |
sich der Auftrag auf eine Geldforderung von höchstens 2 000 EUR bezieht, |
2. |
eine Inkassodienstleistung außergerichtlich oder in einem der in § 79 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 der Zivilprozessordnung genannten Verfahren erbracht wird oder |
3. |
der Auftraggeber im Einzelfall bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. |
Eine Vereinbarung nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 ist unzulässig, soweit sich der Auftrag auf eine Forderung bezieht, die der Pfändung nicht unterworfen ist. Für die Beurteilung nach Satz 1 Nummer 3 bleibt die Möglichkeit, Beratungs- oder Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen, außer Betracht.
(2) In anderen als den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Angelegenheiten darf nur dann vereinbart werden, dass für den Fall des Misserfolgs keine oder eine geringere als die gesetzliche Vergütung zu zahlen ist, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart wird.
(3) In eine Vereinbarung über ein Erfolgshonorar sind aufzunehmen:
1. |
die Angabe, welche Vergütung bei Eintritt welcher Bedingungen verdient sein soll, |
2. |
die Angabe, ob und gegebenenfalls welchen Einfluss die Vereinbarung auf die gegebenenfalls vom Auftraggeber zu zahlenden Gerichtskosten, Verwaltungskosten und die von diesem zu erstattenden Kosten anderer Beteiligter haben soll, |
3. |
die wesentlichen Gründe, die für die Bemessung des Erfolgshonorars bestimmend sind, und |
4. |
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 die voraussichtliche gesetzliche Vergütung und gegebenenfalls die erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung, zu der der Rechtsanwalt bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen. |
Rz. 112
Mittlerweile gibt es auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt zahlreiche sog. "Legal-Tech-Unternehmen", die Verbraucherinnen und Verbrauchern Angebote zur Durchsetzung ihrer Forderungen machen und häufig als registrierte Inkassodienstleister nach dem RDG tätig werden. Diese Unternehmen unterstehen nicht dem anwaltlichen Berufsrecht und können rechtliche Beratungstätigkeiten erbringen sowie Erfolgshonorare vereinbaren. Dadurch haben Inkassodienstleister in bestimmten Bereichen erhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten. Die Gesetzesreform soll Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten die Möglichkeit eröffnen, unter den gleichen Bedingungen Rechtsdienstleistungen anzubieten wie registrierte Inkassodienstleister.
Rz. 113
§ 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RVG bezieht sich ausschließlich auf Zahlungsansprüche in Höhe von 2.000 EUR. Durch die Grenzziehung wollte der Gesetzgeber eine Erleichterung schaffen, dass Erfolgsvereinbarungen ohne den erhöhten Prüfungs- und Begründungsaufwand nach § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 RVG vereinbart werden können.
Mit der Einführung von § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 RVG soll Rechtsanwälten vor allem nach dem Willen des Gesetzgebers im selben Umfang wie registrierten Inkassodienstleistern die Vereinbarung eines Erfolgshonorars in den Fällen ermöglicht werden, in denen registrierte Inkassodienstleister bereits Rechtsdienstleistungen im Rahmen der Forderungseinziehung erbringen. Es soll insoweit ein kohärenter Gleichlauf der Beschränkungen hergestellt werden, indem die rechtsberatende Rechtsdienstleistung der anwaltlichen Tätigkeit nicht weiter beschränkt wird als diejenige der registrierte Inkassodienstleister. Der Anwendungsbereich soll vor dem Hintergrund von § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RVG nur auf Verfahren Anwendung finden, bei denen die Forderung über 2.000 EUR betrage, wobei Diller aber einen weiteren Anwendungsbereich befürwortet. Nicht von der Fallgruppe umfasst sein dürfte das Auftreten der Rechtsanwälte als Prozessbevollmächtigte in streitigen Verfahren, die nicht von § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO umfasst sind, da es anderenfalls zu einer zu engen Verbindung zwischen den Interessen der Rechtsanwälte und ihren Mandanten kommt.
Abschließend ist § 4a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 RVG hervorzuheben. Der Gesetzgeber stellt im Rahmen der Neuregelung nicht mehr darauf ab, dass dem Rechtsuchenden durch das Erfolgshonorarverbot nicht aufgrund seiner wirtschaftlichen Situation die Möglichkeit genommen werden darf, qualifizierte Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zukünftig ist eine verständige Betrachtung entscheidend, wobei Maßstab sein dürfte, ob der rational denkende Rechtsuchende ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.
Rz. 114
Eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Waffengleichheit dürfte im Hinblick auf die Vereinbarung eines Erfolg...