Rz. 119
Solange der Bauträger noch Alleineigentümer ist und keine Vormerkungen für Erwerber eingetragen sind, kann er die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung durch einseitige Erklärung in der Form des § 29 GBO und entsprechende Grundbucheintragung ändern. Erst mit der Eintragung der ersten Auflassungsvormerkung für einen Erwerber verliert er die Befugnis zur einseitigen Änderung; ab da benötigt er die Zustimmung der Vormerkungsberechtigten und der dinglich Berechtigten.
Rz. 120
Spätere Änderungen der Gemeinschaftsordnung bleiben einseitig möglich, wenn sich der Bauträger ein Änderungsrecht wirksam vorbehält (Änderungsvorbehalt). Ein solcher Vorbehalt kann in der Teilungserklärung (Gemeinschaftsordnung) verankert werden und wirkt dann aufgrund der Grundbucheintragung gegen alle Erwerber und auch gegen deren Rechtsnachfolger. Häufiger Anwendungsfall hierfür ist die vorbehaltene Befugnis zur Zuweisung von Sondernutzungsrechten, weshalb wegen der Einzelheiten dorthin verwiesen wird (→ § 1 Rdn 114). Spätere Änderungen des sachenrechtlichen Grundverhältnisses aufgrund eines Änderungsvorbehalts in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung sind hingegen nicht möglich, wie das folgende Beispiel zeigt.
Rz. 121
Beispiel
Bauträger X errichtet abschnittsweise eine Mehrhausanlage. In der Teilungserklärung behält er sich das Recht vor, die später realisierten Einheiten nachträglich noch neu aufzuteilen und z.B. Sonder- in Gemeinschaftseigentum umzuwandeln oder umgekehrt. Das Grundbuchamt verweigert die Eintragung. – Zu Recht. Die vorbehaltene Ermächtigung dazu, Gemeinschafts- in Sondereigentum umzuwandeln oder umgekehrt (oder die Vereinbarung einer vorweggenommenen Zustimmung zu einer solchen Umwandlung) kann nicht als Inhalt des Sondereigentums vereinbart werden; die Klausel ist unwirksam. Änderungen des sachenrechtlichen Grundverhältnisses erfordern gem. § 4 WEG die Einigung aller Wohnungseigentümer in der Form der Auflassung; eine Änderung durch Vereinbarung gem. § 10 Abs. 3 WEG ist nicht ausreichend.
Rz. 122
Weil ein Änderungsvorbehalt in der Gemeinschaftsordnung, wie das vorstehende Beispiel zeigt, dem Änderungsinteresse von Bauträgern nicht genügt, lassen sich Bauträger i.d.R. (zumindest auch) in den jeweiligen Bauträgerverträgen zu späteren Änderungen der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung bevollmächtigen (Vollmachtslösung). Eine solche Änderungsvollmacht muss dem grundbuchrechtlichen Grundsatz der Bestimmtheit genügen. Da jede Beschränkung der Vollmacht diesbezügliche (Bestimmtheits-)Probleme aufwerfen würde, trifft man fast nur noch auf solche Änderungsvollmachten, die im Außenverhältnis (also gegenüber dem Grundbuchamt) unbeschränkt sind. Beschränkungen werden nur im Innenverhältnis (zu den Erwerbern) vereinbart; gäbe es solche Beschränkungen nicht, würde die (Außen-)Vollmacht die Erwerber unangemessen benachteiligen und wäre gem. § 308 Nr. 4 BGB unwirksam. In der Kombination "unbeschränkt im Außenverhältnis, beschränkt im Innenverhältnis" kann die Vollmacht aber wirksam sein. Wenn der Bauträger auf der Grundlage einer unbeschränkten Änderungsvollmacht die Eintragung weitreichender Änderungen beim Grundbuchamt beantragt, könnte dem Grundbuchamt natürlich der Verdacht kommen, hier werde die im Innenverhältnis zu den Erwerbern bestehende Befugnis überschritten. Dies darf es aber nur in Fällen eines evidenten Missbrauchs zum Anlass für eine Zurückweisung nehmen.
Rz. 123
Beispiel
Im Bauträgervertrag ist (ggf. parallel zu einer entsprechenden Regelung in der Teilungserklärung) bestimmt: "Der Verkäufer ist ermächtigt, die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung samt etwaigen Nachträgen hierzu beliebig abzuändern (usw.)." Nur mit Wirkung im Innenverhältnis ist Folgendes vorgesehen: "Der Kostenverteilungsschlüssel darf nicht zum Nachteil des Käufers verändert werden, die Miteigentumsanteile und das Sondereigentum samt Sondernutzungsrechten des Käufers müssen unberührt bleiben und das zu dessen Gebrauch dienende Gemeinschaftseigentum darf nicht wesentlich beeinträchtigt werden; zulässig sind insbesondere bauliche Änderungen an anderen Einheiten oder der Außengestaltung des Gebäudes einschließlich des Bauausmaßes und des Grundstücks. Kosten dürfen dem Käufer nicht entstehen." Nach dem Verkauf einer Wohnung an A will der Bauträger im Grundbuch zugunsten des Käufers B Sondernutzungsrechte an Außenstellplätzen zur Eintragung bringen. Nachdem A davon erfährt, widerruft er die dem Bauträger erteilte Vollmacht aus wichtigem Grund und verlangt vom Grundbuchamt, die Eintragung zu unterlassen. – Die Frage ist, ob die Vollmacht wirksam ist; das hängt zum einen davon ab, ob die im Innenverhältnis vorgesehenen Beschränkungen ausreichend sind und zum anderen davon, ob ein wirksamer Widerruf erfolgte. M.E. ist die Vollmacht im Beispielsfall unwirksam, weil sie es dem Bauträger trotz ihrer Beschränkungen ermöglichte, fast beliebig an allen Gemeinschaftsflächen Sondernutzungsrechte zu begründen, was A unangemes...