Rz. 35
Allstimmiger Beschluss. Er liegt vor, wenn alle Miteigentümer einem Beschlussantrag zugestimmt haben. Da in den Fällen allstimmiger Entscheidungen auch eine Vereinbarung vorliegen kann, kann die Abgrenzung von Beschluss und Vereinbarung schwierig sein (→ § 2 Rdn 76). Gesetzlich gefordert ist die Allstimmigkeit nur im Falle des Umlaufbeschlusses gem. § 23 Abs. 3 S. 1 WEG.
Rz. 36
Bedingter Beschluss. Ein Beschluss kann im Prinzip, wie jedes Rechtsgeschäft, unter eine (aufschiebende oder auflösende) Bedingung gestellt werden (§ 158 BGB). So spricht z.B. nichts dagegen, die Einleitung gerichtlicher Schritte unter der (aufschiebenden) Bedingung zu beschließen, dass bestimmte von der Gemeinschaft geforderte Handlungen nicht fristgerecht vorgenommen werden. Durch Bedingungen darf aber nicht gegen das Gebot der Bestimmtheit von Beschlüssen verstoßen werden. Wenn z.B. eine bestimmte Reparaturmaßnahme unter der Bedingung beschlossen wird, dass die erforderlichen Maßnahmen zuvor sachverständig festgestellt werden, dann steht noch gar nicht fest, was genau die Gemeinschaft beauftragen will; das ist aber ein Erfordernis ordnungsmäßiger Beschlussfassung. Problematisch ist auch der bedingte Beschluss über eine Jahresabrechnung (Beschluss über Nachschüsse bzw. Anpassung der Vorschüsse), z.B. unter dem Vorbehalt der Überprüfung bestimmter Positionen durch bestimmte Personen ("Korrekturvorbehalt"). Solche Bedingungen wurden früher teilweise für zulässig gehalten; das sieht man heute zu Recht anders. Durch die (häufig unklaren und unbefristeten) Bedingungen wird eine mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung unvereinbare Unsicherheit über den Inhalt und die Wirksamkeit des Abrechnungsbeschlusses begründet. Der Eintritt der Bedingung kann zweifelhaft oder umstritten sein; dazu kommt das Problem, dass die Miteigentümer sich hierüber nicht aus dem Versammlungsprotokoll informieren können. Letztlich ist unklar, wer in welcher Weise die Feststellung treffen soll, ob der Beschluss nun in Kraft getreten ist oder nicht. Derartige Beschlüsse sind deshalb wegen fehlender Bestimmtheit rechtswidrig oder sogar nichtig. Daraus resultiert die Empfehlung: Wenn ein Thema (Abrechnung o.a.) nicht beschlussreif ist, sollte die Beschlussfassung verschoben und außerhalb einer Versammlung (wenn dies beschlossen wurde → § 2 Rdn 25) oder auf einer späteren Versammlung nachgeholt werden.
Rz. 37
Deklaratorischer (erläuternder) Beschluss. Er wiederholt, was schon in der Gemeinschaftsordnung oder im Gesetz steht; oder er definiert, welche baulichen Maßnahmen die Gemeinschaft als nicht störend ansehen würde (z.B. Gartenhäuschen mit bestimmten Maßen); oder er erläutert i.S.e. "Auslegungshilfe", was die Teilungserklärung mit einer "Kostenverteilung nach Nutzflächen" meint. Ein solcher Beschluss ist (nur dann) "unbedenklich, wenn er eine klarstellende Funktion hat und keine Zweifel an der Rechtslage aufkommen lässt". Wenn aber mehrere Auslegungsmöglichkeiten bestehen, kann eine verbindliche "Klarstellung" nicht durch Beschluss erfolgen. Mangels Kompetenz zur Änderung der Vorgaben des Gesetzes oder der Gemeinschaftsordnung sind solche Beschlüsse nichtig. Dass im "sonstigen" Gesellschaftsrecht "satzungsauslegende Beschlüsse" anerkannt sind kann nicht überzeugen und stellt deshalb keinen Grund dafür dar, dass sich das Wohnungseigentumsrecht daran anpassen sollte. Wenn eine Gemeinschaft Klarheit über die richtige Anwendung der Teilungserklärung erlangen möchte, kommt eine Feststellungsklage in Betracht (→ § 2 Rdn 84).
Rz. 38
Einmannbeschluss (oder Ein-Personen-Beschluss) in einer Einmannversammlung (oder Ein-Personen-Versammlung). In der Begründungsphase der Gemeinschaft kann der teilende Eigentümer (Bauträger) alleine Beschlüsse fassen (→ § 1 Rdn 13). In einer in Vollzug gesetzten Gemeinschaft kann es zu Einmannbeschlüssen kommen, wenn nur eine stimmberechtigte Person in der Versammlung anwesend ist, bspw. der mit Vollmacht(en) ausgestattete Verwalter. Man fragt sich, wie sich die Beschlussfassung vollziehen soll. Reichlich praxisfern verlangte einmal das OLG München, "dass die Kundgabe der Stimmabgabe nach außen in Erscheinung treten, also tatsächlich als Formalakt stattfinden muss" – also offenbar ein Selbstgespräch des Versammlungsleiters. Nach heute h.M. genügt es aber, wenn sich die Feststellung und Bekanntgabe des Beschlusses im Kopf des Versammlungsleiters abspielt; hierauf kann aus einem später gefertigten Versammlungsprotokoll oder aus der Beschluss-Sammlung ohne weiteres geschlossen werden.
Rz. 39
Einstimmiger Beschluss. Der Begriff wird unterschiedlich gebraucht, was mitunter beträchtliche inhaltliche Unklarheit zur Folge hat. Teilweise wird darunter ein allstimmiger Beschluss verstanden, teilweise ein Beschluss, dem sämtliche in einer Eigentümerversammlung anwesenden Eigentümer zugestimmt haben, teilweise ein Beschluss, zu dem in einer Eigentümerversammlung keine Nein-Stimmen abgegeben wurden. Der Begriff ...