I. Rechtsfähigkeit (§ 9a Abs. 1 S. 1 WEG)
1. Fortführung des alten Rechts zur Rechtsfähigkeit
a) Rechte und Pflichten, Handeln vor Gericht
Rz. 30
Der Gesetzgeber behält die ihr 2005 vom BGH zuerkannte Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bei, was der Gesetzgeber gegenüber § 10 Abs. 6 S. 1 u. 2 WEG a.F. in § 9a Abs. 1 S. 1 WEG verkürzt, aber im Wesentlichen inhaltsgleich zum Ausdruck bringt. Zu den Möglichkeiten, Rechte zu erwerben, Pflichten einzugehen und vor Gericht zu handeln, kann also auf die Kommentierung zum alten Recht verwiesen werden. Entfallen ist allerdings das "selbst" vor "Rechte erwerben und Pflichten eingehen." Dies deutet den Systemwechsel an, der sich in § 9a Abs. 2, 18 Abs. 1 WEG vollzieht. Denn nach § 10 Abs. 6 S. 3 WEG a.F. übte die Wohnungseigentümergemeinschaft die gemeinschaftsbezogenen Rechte nur als Verfahrens- bzw. Prozessstandschafterin aus, die aber materiell-rechtlich den Wohnungseigentümern verblieben. Hiervon wollte die Fassung von § 10 Abs. 6 S. 1 WEG a.F., wonach die Wohnungseigentümergemeinschaft "selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen" konnte, die eigenen Rechte der Wohnungseigentümergemeinschaft abgrenzen, die sie selbst erwarb. Dieser Verdeutlichung bedarf es künftig nicht mehr, da die gemeinschaftsbezogenen Rechte kraft Gesetzes der Wohnungseigentümergemeinschaft zugewiesen werden. Folglich konnte das "selbst" entfallen.
b) Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens (§ 9a Abs. 3 WEG)
Rz. 31
Im Hinblick auf eigene Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümergemeinschaft ließ das alte Recht Regelungen zu seiner Verwaltung vermissen. Diese Lücke schließt nun § 9a Abs. 3 WEG. Danach gelten die Regelungen zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums in §§ 18, 19 Abs. 1, 27 WEG für das Gemeinschaftsvermögen entsprechend. Dessen Verwaltung erfolgt also, soweit eine Beschlussfassung gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG nicht erforderlich ist, durch den Verwalter, ansonsten durch Beschluss. Dieser muss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen.
2. Keine Beschränkung auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums
Rz. 32
Ersatzlos weggefallen ist der in § 10 Abs. 6 S. 1 WEG a.F. enthaltene Passus "im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums". Dies begründet der Gesetzgeber zutreffend damit, dass die damit möglicherweise zum Ausdruck kommende Beschränkung der Rechtsfähigkeit auf den Verbandszweck dem deutschen Recht fremd ist. Damit dürfte klargestellt sein, dass über die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums hinausgehende Aktivitäten der Wohnungseigentümergemeinschaft zwar ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, aber nicht schon mangels Rechtsfähigkeit unwirksam sind. Im Ergebnis dürfte damit die Rechtsprechung des BGH keine Fortgeltung mehr beanspruchen, wonach der Beschluss zum Erwerb von Grundstücken mangels Beschlusskompetenz nichtig ist, wenn dieser keinen Bezug zum gemeinschaftlichen Eigentum mehr hat. Auch ein solcher Beschluss ist nach neuem Recht nur noch anfechtbar.
3. Haftung der Wohnungseigentümer für Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft
Rz. 33
Wort- und inhaltsgleich aus § 10 Abs. 8 WEG a.F. in das neue Recht übernommen wurde die nunmehr in § 9a Abs. 4 WEG geregelte Haftung der Wohnungseigentümer für Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft. Insoweit kann auf die Kommentierungen zu § 10 Abs. 8 WEG a.F. verwiesen werden. Allerdings ist § 10 Abs. 8 S. 4 WEG a.F. ersatzlos entfallen. Die Wohnungseigentümer haften nunmehr also unbeschränkt bei Verstößen gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung.
II. Namensfähigkeit (§ 9a Abs. 1 S. 3 WEG)
Rz. 34
§ 9a Abs. 1 S. 3 WEG regelt die Namensfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dies erscheint ähnlich entbehrlich wie die Vorgängernorm, da die Namensfähigkeit Teil der Rechtsfähigkeit ist. Die sprachliche Neufassung, wonach die Gemeinschaft die Bezeichnung "Gemeinschaft der Wohnungseigentümer" bzw. "Wohnungseigentümergemeinschaft" gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks führt (statt führen muss), bezweckt keine inhaltliche Änderung gegenüber dem früheren Recht.
III. Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und Ausübung der gemeinschaftsbezogenen Rechte und Pflichten
1. Verwaltung des Gemeinschaftseigentums (§ 18 Abs. 1 WEG)
Rz. 35
Einen Systemwechsel nimmt der Gesetzgeber bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums vor. Bislang war sie Sache der Eigentümerversammlung, die Beschlüsse fasste, die nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG a.F. der Verwalter durchzuführen hatte. Diese Pflicht zur Beschlussdurchführung und zur ordnungsmäßigen Verwaltung allgemein verlagert der Gesetzgeber in § 18 Abs. 1 WEG auf die Wohnungseigentümergemeinschaft. Im Ergebnis wird die Wohnungseigentümergemeinschaft vom dienenden Glied nach der Konzeption der Novelle aus dem Jahre 2007 zur eigentlich Verantwortlichen. Dies hat eine vollständige Umorientierung bei der Durchsetzung von Primär- und Sekundäransprüchen im Hinblick auf die ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftseigentums zur Folge.
2. Durchsetzung von Ansprüchen aus Gemeinschaftseigentum und Gemeinschaftsordnung (§§ 9a Abs. 2, 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG)
Rz. 36
Ähnlich tiefgreifende Änderungen hat der Gesetzgeber bei der Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Gemeinschaftseigentum und aus...