1. Anwendbarkeit im Außenverhältnis
Rz. 7
Zur Bedeutung der Rechtsfigur der "werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft" im Außenverhältnis hat sich der BGH stets bedeckt halten und davon geredet, dass die Vorschriften des WEG "jedenfalls im Innenverhältnis" o.ä. Anwendung finden. Mit dieser zurückhaltenden Zweideutigkeit macht das WEMoG dankenswerterweise Schluss. Die Gesetzesmaterialien stellen klar, dass die Anlegung der Wohnungsgrundbücher auch im Außenverhältnis wirkt: "Ab diesem Zeitpunkt kann auch die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer am Rechtsverkehr teilnehmen." Damit ist klargestellt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher als vollwertiges Rechtssubjekt am Rechtsverkehr teilnehmen kann.
2. Folgen für die Rechtsbeziehungen zu Dritten
Rz. 8
Für Dritte wird sich die neue Regelung in § 9a Abs. 1 S. 2 WEG segensreich auswirken. Denn nach früherem Recht bestimmte sich ihr Geschäftspartner u.U. nach Kriterien, die für Dritte nicht ohne weiteres erkennbar waren. Beispielsweise setzte das Entstehen einer werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft voraus, dass der erste Erwerber seinen Besitz am Sondereigentum vom teilenden Eigentümer übertragen bekam. Ob dies der Fall war oder ob sich der Erwerber den Besitz eigenmächtig verschafft hatte, konnten Außenstehende regelmäßig nicht beurteilen. Nun bedarf es nur noch des einfachen Blicks in das Grundbuch, um erkennen zu können, wer der richtige Ansprechpartner ist. Sind die Wohnungsgrundbücher noch nicht angelegt, kann nur der teilende Eigentümer Vertragspartner für alle Rechtsgeschäfte sein, die das Grundstück betreffen. Sind die Wohnungsgrundbücher dagegen bereits angelegt, kommt nur die Wohnungseigentümergemeinschaft als Vertragspartner in Betracht.
3. Handeln des teilenden Eigentümers
Rz. 9
Mit dieser Abgrenzung ist auch das Handeln des teilenden Eigentümers in der Gründungsphase in den Griff zu bekommen. Vor Anlegung der Wohnungsgrundbücher kann er nur in eigenem Namen handeln, da die Wohnungseigentümergemeinschaft noch nicht existiert. Bis zu diesem Zeitpunkt eingegangene Verpflichtungen treffen also ihn persönlich. Nach Anlegung der Wohnungsgrundbücher kann er gemäß § 9b Abs. 1 S. 2 WEG die Wohnungseigentümergemeinschaft vertreten, bis ein Erwerber Mitglied der Gemeinschaft geworden oder ein Verwalter bestellt ist. (Nur) so lange kann er nach § 9b Abs. 1 S. 2 WEG alleine für die Wohnungseigentümergemeinschaft handeln, da er noch Eigentümer aller Einheiten ist. Dies erleichtert, wie die Gesetzesmaterialien zu Recht betonen, den Eintritt der Wohnungseigentümergemeinschaft in den Rechtsverkehr, etwa beim Abschluss von Versorgungsverträgen. Hieran ändert sich selbst dann nichts, wenn ein Erwerber nach § 8 Abs. 3 WEG mit einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch gesichert ist und der Besitz an den Räumlichkeiten übergeben wurde. Denn er ist nur im Innenverhältnis bereits wie ein Wohnungseigentümer zu behandeln. Ist allerdings bereits ein Verwalter bestellt, vertritt alleine dieser nach § 9b Abs. 1 S. 1 WEG die Wohnungseigentümergemeinschaft. Der teilende Eigentümer hat ferner dann, wenn ein weiterer Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist nicht mehr die alleinige Vertretungsmacht für die Wohnungseigentümergemeinschaft. Auch hier ist die Abgrenzung für den Rechtsverkehr entweder anhand des Grundbuches oder jedenfalls bei Bestellung eines Verwalters einfach möglich.
4. Rechtsbeziehungen zum teilenden Eigentümer oder ihm nahestehenden Unternehmen
Rz. 10
Problematisch können solche Rechtsbeziehungen der Wohnungseigentümergemeinschaft sein, die der teilende Eigentümer noch als alleiniger Wohnungseigentümer gemäß § 9b Abs. 1 S. 2 WEG mit sich selbst oder ihm nahestehenden Unternehmen eingeht. Hier besteht die Gefahr, dass er im Hinblick auf den bevorstehenden Verkauf zum eigenen Vorteil Verpflichtungen zulasten des Verbandes eingeht, die die Erwerber treffen. Die Gesetzesmaterialien verweisen in diesem Zusammenhang nur darauf, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft Verbraucherin ist und von ihr geschlossene Verträge "den verbraucherschützenden Vorschriften der §§ 305 ff. BGB genügen müssen." Dies schützt indessen nicht vor Verträgen mit ungünstigem Preis-Leistungsverhältnis. Letztlich dürfte in diesem Zusammenhang nur eine schuldrechtliche Absicherung in den Erwerbsverträgen möglich sein. Der Erwerber muss sich vom teilenden Eigentümer Kenntnis sämtlicher bis dahin geschlossener Verträge verschaffen und die Vollständigkeit dieser Informationen im Erwerbsvertrag versichern lassen. Auf diesem Wege kann er immerhin einen Ausgleich vermögensrechtlicher Nachteile verlangen, wenn ...