Rz. 94

Im Rechtsverhältnis zur Mutter stand das nichteheliche Kind schon immer dem ehelichen gleich, d.h. gegenüber ihr sowie den mütterlichen Verwandten war das nichteheliche Kind vollumfänglich erb- und pflichtteilsberechtigt.

Im Rechtsverhältnis zum Vater ist zu unterscheiden:

 

Rz. 95

Gemäß § 1589 Abs. 2 BGB a.F. galt das nichteheliche Kind als mit dem Vater nicht verwandt. Demzufolge stand dem Kind und umgekehrt, auch dem Vater und seinen Verwandten kein Erbrecht zu. Diese Regelung gilt:

wenn der Erblasser vor dem 1.4.1998 verstorben ist,
wenn ein wirksamer Erbausgleich gem. §§ 1934a ff. BGB a.F. oder der Erbausgleich durch rechtskräftiges Urteil zuerkannt worden ist (Art. 225 Abs. 1 EGBGB) (insoweit vgl. Rdn 62 "Vorzeitiger Erbausgleich").
 

Rz. 96

Voranstehende Regelungen gelten aber nicht für nichteheliche Kinder aus der ehemaligen DDR. Hier gilt:

Bei Erbfällen vor dem 3.10.1990 bleibt nichtehelichen Kindern, die nach ZGB erbberechtigt waren, nach Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB das volle Erbrecht erhalten. Der Erblasser musste hierzu aber im Zeitpunkt des Erbfalles seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der DDR gehabt haben.
Bei Erbfällen seit dem 3.10.1990 bleibt nichtehelichen Kindern nach Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB das volle Erbrecht erhalten, wenn sie selbst vor dem 3.10.1990 geboren wurden und ihr Vater seinen gewöhnlichen Aufenthalt bis 2.10.1990 in der DDR hatte. Maßgeblich ist dann aber das BGB-Erbrecht des ehelichen Kindes, vgl. Art. 230 Abs. 2, Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB.
Auch Kinder, die vor dem 1.7.1949 geboren wurden, behalten so auch nach der Wiedervereinigung ihr volles Erbrecht.
 

Rz. 97

Aufgrund des Gesetzes zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder vom 16.12.1997 haben alle ab dem 1.4.1998 geborenen Kinder ein volles Erbrecht am Vater und umgekehrt.

 

Rz. 98

 

Hinweis

Bei einem Erbfall unter Beteiligung eines vor dem 1.7.1949 geborenen nichtehelichen Kindes besteht ein gesetzliches Erbrecht jeweils nur:

wenn ein Gleichstellungsvertrag nach § 10a NEhelG notariell beurkundet wurde,
bei einer Ehelicherklärung gem. § 1732 BGB bzw. § 1740a BGB oder Legitimation des Kindes gem. §§ 1719, 1722 BGB a.F. bis zum 30.6.1998,
wenn der Vater am 2.10.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der DDR hatte.
 

Rz. 99

Aufgrund der Änderung des § 10 Abs. 2 NEhelG a.F. durch das Zweite Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder vom 12.4.2011 gilt für das Erbrecht vor dem 1.7.1949 geborener nichtehelicher Kinder im Hinblick auf den Vater:

Während ein vor dem 1.7.1949 geborenes nichteheliches Kind und seine Abkömmlinge in bis zum 28.5.2009 eingetretenen Erbfällen vom Erbrecht ausgeschlossen bleiben, es sei denn es bestehen die voranstehenden Ausnahmen, steht diesen bei Erbfällen nach diesem Stichtag ohne Ausnahme ein gesetzliches Erbrecht nach § 10 Abs. 2 NEhelG zu. Diese Stichtagsregelung ist nicht zu beanstanden.[108]

[108] BGH ErbR 2012, 17 ff, BVerfG NJW 2013, 2103.

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