Rz. 124

Typische Auslegungsprobleme in der Praxis sind im Folgenden beispielhaft dargestellt:

Die Verwendung des Wortes "Nacherbe" kann auch als eine Schlusserbeinsetzung auszulegen sein.[148]
In der ausdrücklichen Einsetzung eines "Ersatzerben" kann die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft liegen.[149]
In der Zuwendung eines "Nießbrauchs" oder der "Nutzziehung" am Nachlass, kann eine Einsetzung als Vorerbe gewollt sein.[150]
Trotz der Verwendung des Begriffs "Abkömmlinge" oder "Kinder" ist es möglich, dass Adoptivkinder nicht gemeint sind.[151]
In der Verwendung des Begriffs "Verwalter", "Pfleger" oder "Bevollmächtigter" kann die Anordnung einer Testamentsvollstreckung liegen.[152]
 

Rz. 125

Zu einer Vielzahl von Auslegungsproblemen führt die synonyme Begriffsverwendung "vererben" und "vermachen" in zahlreichen, ohne juristische Beratung abgefassten handschriftlichen Testamenten. Folgende Auslegungen sind dabei möglich:

"Vermacht" der Erblasser einen bestimmten Gegenstand einer Person und handelt es sich dabei um den wesentlichen Teil des Vermögens des Nachlasses, kann eine Erbeinsetzung anzunehmen sein.[153]
Eine Erbeinsetzung kann auch angenommen werden, wenn der Erblasser sein gesamtes Vermögen entweder nach Vermögensgruppen oder nach Einzelgegenständen unter den bedachten Personen aufgeteilt hat.[154]
Wendet der Erblasser dagegen einem Erben einzelne Gegenstände zu, dann kann, wenn darin keine Erbeinsetzung nach Vermögensgruppen (§ 2087 Abs. 2 BGB) zu sehen ist, die Zuwendung als Vermächtnis bzw. Vorausvermächtnis gewertet werden.[155]
[148] OLG Hamm FamRZ 1996, 312; NJW-RR 1995, 1414.
[150] BayObLG FamRZ 1981, 403;
[151] BayObLG FamRZ 1989, 1118; FamRZ1985, 426.
[152] BGH NJW 1983, 40;BayObLGZ 1982, 59.
[153] BayObLG NJW-RR 1993, 138.
[155] BGH FamRZ 1985, 62.

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