1. Verzicht auf das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht
Rz. 19
Der Verzicht führt zu verschiedenen Rechtsfolgen:
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Der Verzichtende hat weder Erb- noch Pflichtteilsrecht. Er wird so behandelt, als wäre er vorverstorben, d.h. mit dem Erbfall entsteht gar keine erbrechtlich-dingliche Beteiligung des Verzichtenden am Nachlass des Erblassers. Bei der Berechnung des Pflichtteils eines anderen Pflichtteilsberechtigten wird der Verzichtende nicht mitgezählt (§ 2310 S. 2 BGB). |
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War der Verzicht auf den Pflichtteil beschränkt, so wird der Verzichtende im Rahmen des § 2310 BGB noch mitgezählt. |
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Im Zweifel erstreckt sich der Verzicht auf die Abkömmlinge (§ 2349 BGB), so dass der ganze Stamm von der Erbfolge ausgeschlossen ist, und zwar unabhängig davon, ob gegen Abfindung verzichtet wurde oder nicht. Diese Rechtsfolge kann im Vertrag abbedungen werden. Auch der reine Pflichtteilsverzicht erstreckt sich auf die Abkömmlinge. |
2. Verzicht auf eine bindende testamentarische oder erbvertragliche Zuwendung
Rz. 20
Ein testamentarisch oder erbvertraglich bindend Bedachter kann gem. § 2352 BGB auf die ihm zustehende Rechtsposition durch Vertrag mit dem gebundenen Erblasser verzichten. In diesem Fall entfällt die Bindungswirkung mit dem Verzicht; der Erblasser wird in seiner Verfügung wieder frei. Darin liegt die entscheidende praktische Bedeutung des Zuwendungsverzichts. Bei bis 31.12.2009 eingetretenen Erbfällen erstreckt sich der Zuwendungsverzicht nicht auf die Abkömmlinge; für Erbfälle seit 1.1.2010 erstreckt sich der Zuwendungsverzicht auch auf die Abkömmlinge. Insofern ist eine Änderung durch die Erbrechtsreform 2010 eingetreten.
3. Verzicht zugunsten eines anderen
Rz. 21
§ 2350 BGB eröffnet die Möglichkeit des Verzichts zugunsten eines anderen. Nach der Willensrichtung des Verzichtenden können unterschieden werden:
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Der absolute Erbverzicht: Dem Verzichtenden ist es gleichgültig, wem sein Erbteil zufällt; |
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Der relative Erbverzicht: Der Verzicht wird zugunsten einer anderen Person oder mehrerer anderer erklärt. Für diesen Fall enthält § 2350 BGB zwei Auslegungsregeln: |
§ 2350 Abs. 1 BGB: Der Verzicht steht unter der Bedingung, dass der Begünstigte auch tatsächlich Erbe wird.
§ 2350 Abs. 2 BGB: Es wird vermutet, dass der Verzicht eines Abkömmlings nur wirksam sein soll, wenn er den anderen Abkömmlingen und/oder dem Ehegatten des Erblassers zugutekommt.
Die Unwirksamkeit eines Erbverzichts kann erst dann auf die Auslegungsregeln des § 2350 BGB gestützt werden, wenn die Ermittlung des Willens der Verzichtsparteien ohne Erfolg geblieben ist. Dabei liegt die Beweislast bei demjenigen, der entgegen den Vermutungen des § 2350 BGB aus einem unbedingten Verzicht Rechte herleiten will.