I. Einleitung
Rz. 6
Die für Betreuer genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfte waren bislang recht mühsam (und fehleranfällig) über die Verweisungen in § 1908i BGB a.F. im Vormundschaftsrecht zu finden. Die Reform kehrt diese Verweisungsregelungen nun um, so dass die Genehmigungstatbeständen im Unterkapitel 4 "Genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte" des Kapitel 3 "Vermögensangelegenheiten" im Untertitel 2 "Führung der Betreuung", dieser wiederum im Titel 3 "Rechtliche Betreuung" des Abschnittes "Vormundschaft, Pflegschaft für Minderjährige, rechtliche Betreuung, sonstige Pflegschaft" des Buches 4 "Familienrecht" des BGB zu finden ist. Aus dem Vormundschaftsrecht wird in § 1799 BGB n.F. nun auf die Vorschriften des Betreuungsrecht verwiesen. Dabei wird allerdings § 1854 Nr. 7 BGB n.F. als einzige Nummer durch Nichterwähnung ausdrücklich ausgenommen, also die Genehmigungsbedürftigkeit bei Schenkungen oder unentgeltliche Zuwendungen.
II. Überblick
Rz. 7
§ 1851 BGB n.F. fasst die erbrechtlichen Rechtsgeschäfte zusammen, für die Genehmigungen erforderlich sind. Sie waren bislang im BGB verstreut. Sie wurden nun zum ersten aus § 1822 Nr. 1, 2 BGB a.F. und zum zweiten aus den §§ 2282, 2290–2292, 2342, 2447 BGB a.F. entnommen. Die Paragrafen im Erbrecht werden entsprechend verändert.
Rz. 8
Soweit es zu Änderungen kommt, sind diese überwiegend sprachlicher Natur. In § 1851 Nr. 1 BGB n.F. wird nun der Verzicht auf die Geltendmachung eines Vermächtnisses ausdrücklich genannt, da es sich um einen schuldrechtlichen Anspruch handelt. Entsprechendes gilt für den Pflichtteilsanspruch, da ein Verzicht nur vor dem Erbfall möglich ist. Unter dem Verzicht wird auch ein zweiseitiger Erlassvertrag verstanden. Bei einem Vermächtnis ist die Genehmigung auch erforderlich, wenn der Verzicht ein Teilverzicht ist, sich z.B. nur auf einen von mehreren vermächtnisweise zugewandten Gegenständen bezieht. Ausdrücklich genannt wird in § 1851 Nr. 9 BGB n.F. der Abschluss eines Zuwendungsverzichtsvertrages gem. § 2345 BGB. § 1851 Nr. 3 BGB n.F. erwähnt das Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft, also den so genannten "Abschichtungsvertrag".
Die Anfechtung der Erbschaftsannahme wird weiter nicht ausdrücklich erwähnt. Da die Anfechtung gem. § 1957 Abs. 1 BGB wie bisher als Ausschlagung gilt, bleibt sie entsprechend genehmigungsbedürftig.
Rz. 9
Überblick über erbrechtliche Genehmigungstatbestände für Betreuer
Gegenstand |
Inhalt |
BGB n.F. |
BGB a.F. (ggf. über § 1908i Abs. 1 BGB) |
Angefallene Erbschaft |
Ausschlagung (Anfechtung) |
§ 1851 Nr. 1 |
§ 1822 Nr. 2 |
|
Auseinandersetzungsvertrag |
§ 1851 Nr. 1 |
§ 1822 Nr. 2 |
|
Verfügung über eine ihm angefallene Erbschaft |
§ 1851 Nr. 2 |
§ 1822 Nr. 1 |
|
Verfügung über seinen Anteil an einer Erbschaft |
§ 1851 Nr. 3 |
§ 1822 Nr. 1 |
|
Vereinbarung, mit der er aus einer Erbengemeinschaft ausscheidet ("Abschichtungsvereinbarung") |
§ 1851 Nr. 3 |
§ 1822 Nr. 2 analog |
Zukünftige Erbschaft |
Verfügung über seinen künftigen gesetzlichen Erbteil |
§ 1851 Nr. 2 |
§ 1822 Nr. 1 |
|
Anfechtung eines Erbvertrags gem. § 2282 Abs. 2 BGB |
§ 1851 Nr. 4 |
§ 2282 Abs. 2 Hs. 2 |
|
vertragliche Aufhebung eines Erbvertrags gem. § 2290 BGB |
§ 1851 Nr. 5 |
§ 2290 Abs. 3 |
|
Zustimmung zur testamentarischen Aufhebung einer in einem Erbvertrag geregelten vertragsmäßigen Anordnung eines Vermächtnisses, einer Auflage sowie einer Rechtswahl gem. § 2291 BGB |
§ 1851 Nr. 6 |
§ 2291 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 2290 Abs. 3 |
|
Aufhebung eines zwischen Ehegatten oder Lebenspartnern geschlossenen Erbvertrags durch gemeinschaftliches Testament der Ehegatten oder Lebenspartner gem. § 2292 BGB |
§ 1851 Nr. 7 |
§ 2292 i.V.m. § 2290 Abs. 3 |
|
Rücknahme eines mit dem Erblasser geschlossenen Erbvertrags, der nur Verfügungen von Todes wegen enthält, aus der amtlichen oder notariellen Verwahrung gem. § 2300 Abs. 2 BGB |
§ 1851 Nr. 8 |
§ 2300 Abs. 2 i.V.m. § 2290 Abs. 3 |
|
Abschlusses oder Aufhebung eines Erbverzichtsvertrags gem. §§ 2346, 2351 BGB |
§ 1851 Nr. 9 |
§ 2347 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 Hs. 2 |
|
Abschlusses eines Zuwendungsverzichtsvertrags gem. § 2352 BGB |
§ 1851 Nr. 9 |
§ 2352 S. 3 i.V.m. § 2347 |
Vermächtnis |
Ausschlagung |
§ 1851 Nr. 1 |
§ 1822 Nr. 2 |
|
Verzicht auf die Geltendmachung (auch Teilverzicht; auch Erlass) |
§ 1851 Nr. 1 |
Keine Regelung |
Pflichtteil |
Verzicht auf die Geltendmachung (auch Erlass) |
§ 1851 Nr. 1 |
§ 1822 Nr. 2 |
|
Verfügung über seinen künftigen Pflichtteil |
§ 1851 Nr. 2 |
§ 1822 Nr. 1 |
|
Abschlusses oder Aufhebung eines Pflichtteilsverzichtsvertrags gem. §§ 2346, 2351 BGB |
§ 1851 Nr. 9 |
§ 2347 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 Hs. 2 |
Rz. 10
Zu beachten ist, dass sich eine Genehmigungsbedürftigkeit wie bisher auch ergeben kann, wenn im Rahmen einer Erbauseinandersetzung ein genehmigungsbedürftiges Geschäft abzuwickeln ist. Das können z.B. ein Grundstück (§ 1850 BGB n.F.) oder Wertpapiere (§ 1849 BGB n.F.) betreffende Transaktionen sein (siehe dazu Tabelle § 15 Rdn 21).
Das Genehmigungsverfahren wurde reformiert. Die Vorschriften für das Betreuungsrecht sind nun in den §§ 1855 ...