I. Definition
Rz. 2
Die prozessualen Gestaltungsmöglichkeiten der Parteien eines Rechtsstreites, bspw. die Möglichkeit, sich gegen ein ergangenes Urteil mit einem Rechtsmittel zu wehren, sind häufig nur innerhalb eines begrenzten Zeitraums möglich, d.h. sie sind befristet. Diese zeitliche Begrenzung trägt zur Rechtssicherheit für die Verfahrensbeteiligten bei, da nach Ablauf der Frist die betreffende Prozesshandlung gem. § 230 ZPO nicht mehr vorgenommen werden kann und damit von diesem Zeitpunkt an Klarheit darüber besteht, ob und wie die Partei von der für sie bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht hat.
II. Arten von Fristen
1. Gesetzliche und richterliche Fristen
Rz. 3
Es werden gesetzliche und richterliche Fristen unterschieden. Bei gesetzlichenFristen hat der Gesetzgeber die zeitliche Begrenzung für die Prozesshandlung vorgegeben. Derartige Fristen ergeben sich daher eindeutig aus dem Gesetz. Das ist beispielsweise bei den Rechtsmittelfristen der Fall. Berufung (vgl. § 517 ZPO) und Revision (vgl. § 548 ZPO) können zulässigerweise jeweils nur binnen eines Monats ab Zustellung des Urteils in vollständiger Form eingelegt werden.
Rz. 4
Bei richterlichenFristen wird – wie bereits der Name andeutet – die Frist von dem zuständigen Gericht bestimmt. Das Gericht kann beispielsweise gem. § 275 Abs. 1 S. 1 ZPO dem Beklagten zur Vorbereitung eines frühen ersten Termins zur mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung setzen.
Richterliche Fristen sind daher Fristen, deren konkrete Dauer sich nicht aus dem Gesetz ergibt. Die Grundlage dafür, dass überhaupt eine Frist durch den Richter gesetzt werden kann, findet sich aber durchaus im Gesetz, wie man an § 275 Abs. 1 S. 1 ZPO schön sehen kann.
2. Notfristen
Rz. 5
Außer den normalen gesetzlichen Fristen kennt das Gesetz auch die so genannten Notfristen, die im Unterschied zu anderen gesetzlichen Fristen gem. § 224 ZPO weder verkürzt noch verlängert werden können und auch beim Ruhen des Verfahrens (§ 251 Abs. 1 S. 2, § 233 ZPO) weiterlaufen. Notfristen sind nur solche, die vom Gesetz ausdrücklich als Notfristen bezeichnet sind, § 224 Abs. 1 S. 2 ZPO. Richterliche Fristen sind nie Notfristen.
Rz. 6
Wichtige Notfristen aus der ZPO sind:
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die Frist von einem Monat zur Einlegung (nicht Begründung) der Berufung gem. § 517 ZPO, |
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die Frist von einem Monat zur Einlegung der Revision gem. § 548 ZPO, |
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die Frist von zwei Wochen zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gem. § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO gegen einen gerichtlichen Beschluss, |
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die Frist von zwei Wochen zur Einlegung des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil gem. § 339 ZPO (bei Zustellung des Urteils im Ausland von einem Monat), |
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die Frist von zwei Wochen zur Einlegung der befristeten Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss gem. §§ 104 Abs. 3, 569 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 11 Abs. 2 S. 1, § 21 RPflG, |
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die Frist von zwei Wochen zur Anzeige der Verteidigungsabsicht gegen eine Klage bei angeordnetem schriftlichen Vorverfahren gem. § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO (bei Zustellung der Klage im Ausland von einem Monat; der Richter kann eine längere Frist bestimmen), |
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die Frist von zwei Wochen zum Widerspruch des Beklagten gegen die Klagerücknahme, § 269 Abs. 2 S. 2 ZPO, |
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die Frist von einem Monat zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, § 544 Abs. 1 S. 2 ZPO, |
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die Frist von einem Monat zur Einlegung der Rechtsbeschwerde, § 575 Abs. 1 ZPO. |
Rz. 7
Eine weitere Besonderheit von Notfristen besteht darin, dass im Falle einer schuldlosen Fristversäumung gem. § 233 ZPO für die verhinderte Partei die Möglichkeit besteht, auf Antrag die gerichtliche Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erreichen (dazu unten Rdn 8 in diesem Kapitel).
III. Fristbeginn und Fristablauf
1. Gesetzliche Fristen
Rz. 8
Der Fristbeginn bestimmt sich bei gesetzlichen Fristen gem. § 222 Abs. 1 ZPO nach den Vorschriften des BGB. Einschlägig ist insoweit § 187 BGB. Zu unterscheiden ist danach, ob die Frist mit einem Ereignis oder einem in den Lauf eines Tages fallenden Zeitpunkt beginnt (§ 187 Abs. 1 BGB) oder aber, ob der Beginn eines Tages den für den Anfang der Frist maßgebenden Zeitpunkt darstellt (§ 187 Abs. 2 BGB). Im ersteren Fall (§ 187 Abs. 1 BGB) wird der Tag, in den das Ereignis fällt (z.B. die Zustellung eines Urteils), bei der Berechnung der Frist nicht mitgerechnet, man rechnet also von dem nächsten Tag an. Im zweiten Fall (§ 187 Abs. 2 BGB) wird der fragliche Tag mitgerechnet. Die Notfristen der ZPO sind insgesamt sog. Ereignisfristen, so dass bei der Fristberechnung der Tag der Zustellung nicht mitgerechnet wird. Eine ZPO-Frist kann an jedem Tag des Jahres zu laufen beginnen. Eine besondere Ausnahmeregel gibt es hier nicht. Übrigens: In manchen Bundesländern ist der 31.10. ein Feiertag (Reformationstag); einige Bundesländer, in denen dieser Tag bisher kein gesetzlicher Feiertag war, haben diesen neu als Feiertag eingeführt. Sie sollten sich daher erkundigen, ob in dem Bundesland, in welchem Sie die Fristsache einreichen möchten, der 31.10. ein Feiertag ist. Es kommt nicht darauf an, von wo aus man die Sache verschicken möchte, sondern wo sie eingereicht we...