I. Einführung
Rz. 75
Jede Kanzlei verfügt über ein zweigleisiges Wiedervorlagesystem, wobei das eine "Gleis" der Beobachtung zwingend einzuhaltender Fristen dient und das andere der Einhaltung intern gesetzter Fristen. Hinsichtlich der internen, innerhalb der Kanzlei gesetzten Fristen spricht man von Wiedervorlage. Sinn der Wiedervorlage ist es, dem Rechtsanwalt und seinen Mitarbeitern zu ermöglichen, den Fortgang der mit dem Mandat übertragenen Angelegenheit jederzeit im Auge zu behalten.
Rz. 76
Zu unterscheiden sind dabei die sog. Promptfristen und die für die einfache Wiedervorlage bestimmten Fristen.
II. Promptfristen
Rz. 77
Promptfristen werden häufig notiert, wenn ein Handeln des Rechtsanwalts an einem bestimmten Tag nicht wegen Ablaufs gesetzlicher oder gerichtlich gesetzter Fristen notwendig ist, sondern weil z.B. mit dem Mandanten ein bestimmtes Handeln für einen bestimmten Tag vereinbart worden ist. Promptfristen sind also Fristen, bei denen die Wiedervorlage an einem genau bestimmten Tag erfolgt. Bitte beachten Sie jedoch, dass in vielen Kanzleien der Begriff der "Promptfrist" häufig auch für Rechtsmittelfristen verwendet wird. Ich selbst halte den Begriff für ungenau und veraltet und würde daher empfehlen, diesen nur dann zu verwenden, wenn jeder in der Kanzlei auch sicher weiß, was unter einer Promptfrist zu verstehen ist. Es gibt für mich keinen nachvollziehbaren Grund, diesen Begriff zu verwenden, gerade wenn in der Branche so ein unterschiedliches Verständnis darüber herrscht, was er bedeutet. Besser wäre es dann, einen Begriff zu wählen, der nicht verwechselt werden kann, oder aber konkret notiert wird, was zu tun ist. Eine Berufungsfrist würde ich daher auch immer als solche bezeichnen. Dann wird am ehesten deutlich, wie wichtig diese Frist ist.
Beispiel:
Rechtsanwalt R hat es für A übernommen, eine Forderung gegen B beizutreiben. A und B hatten bereits vor der Beauftragung von R diverse Zahlungsabreden getroffen, die B jeweils nicht eingehalten hatte.
Auf das Aufforderungsschreiben des R hin meldet sich B und verspricht, innerhalb zweier weiterer Wochen nach Ablauf der von R gesetzten Frist zu zahlen. R nimmt Rücksprache mit A, der diesem Vorgehen mit der Maßgabe zustimmt, dass nach fruchtlosem Ablauf der verlängerten Frist am 20.9.2019 umgehend gerichtliche Schritte eingeleitet werden.
Rz. 78
In einem solchen Fall sollte der dem Fristablauf folgende Werktag im Wiedervorlagenkalender notiert werden, damit der Anwalt in dem Fall, dass B entgegen seinem Versprechen nicht zahlt, sofort einen Mahnantrag stellen oder Klage erheben kann. Dabei sollte als Verfügungsgrund für diese Wiedervorlage konkret angegeben werden, warum die Akte wiedervorgelegt werden soll, z.B. "Klage erf.?". Es wird sicherlich in vielen Kanzleien unterschiedlich gehandhabt, wie mit "besonderen Wiedervorlagen" oder "allgemeinen Wiedervorlagen" umgegangen werden soll. In einigen Kanzleien werden solche wirklich wichtigen Wiedervorlagen daher in einen Fristenkalender eingetragen. Letztendlich ist beides möglich; es muss aber in jedem Fall klargestellt sein, dass das Notieren – auch wichtiger – Wiedervorlagen nicht zu einer Überfrachtung des Fristenkalenders führt mit der Folge, dass absolut wichtige Fristen, wie z.B. eine Berufungsfrist, nicht mehr ernstgenommen werden. Wird eine solche wichtige Wiedervorlage notiert, muss aber auch sichergestellt werden, dass die Wiedervorlagen zeitgenau herausgesucht und vorgelegt werden.
III. Einfache Wiedervorlage
Rz. 79
Einfache Wiedervorlagenohne besonderen Verfügungsgrund (z.B. "allgemeine Wiedervorlage"), die nicht tagesgenau eingehalten werden müssen, weil bei Vorlage der Akte nicht unbedingt etwas veranlasst ist, können in einem mehr oder minder großen Zeitraum um die Wiedervorlagefrist herum vorgelegt werden.
Rz. 80
Die einfache Wiedervorlage dient im Wesentlichen dazu, die Angelegenheit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und eine regelmäßige Kontrolle zu ermöglichen.
Rz. 81
Einige Kanzleien unterscheiden die einfachen Wiedervorlagen nicht von den zuvor beschriebenen Wiedervorlagen mit konkretem Verfügungsgrund und behandeln alle Wiedervorlagen gleich, indem jede Akte eine tagesgenaue Wiedervorlage erhält.
IV. Fristlänge
Rz. 82
Der Anwalt sollte, wenn er Wiedervorlagefristen verfügt, darauf achten, dass diese nicht zu kurzfristig bestimmt werden. Das Ziehen und spätere Wegsortieren der Akten bindet erhebliche Personalkräfte und führt dazu, dass die Akten, die einfach nur weiter "vorgestellt" werden, längere Zeit in Stößen herumliegen, weil die Zeit für das Wegräumen nicht gefunden wird.
Rz. 83
Dies birgt die bereits beschriebene Gefahr, dass die Akten immer schwerer auffindbar sind, was erhebliche Kosten (hohe Personalkosten durch lange Suchzeiten) und eine schlechte Reputation beim Mandanten zur Folge hat.
Rz. 84
Die sicherlich am häufigsten vorkommende Wiedervorlagefrist ist die von einem Monat. Diese Frist wird in einigen EDV-Anlagen automatisch gesetzt, wenn nicht etwas anderes eingegeben wird. Wenn die Kanzlei über eine solche Anlage verfügt, sollte dies...