1. Gesetzliche und richterliche Fristen
Rz. 3
Es werden gesetzliche und richterliche Fristen unterschieden. Bei gesetzlichenFristen hat der Gesetzgeber die zeitliche Begrenzung für die Prozesshandlung vorgegeben. Derartige Fristen ergeben sich daher eindeutig aus dem Gesetz. Das ist beispielsweise bei den Rechtsmittelfristen der Fall. Berufung (vgl. § 517 ZPO) und Revision (vgl. § 548 ZPO) können zulässigerweise jeweils nur binnen eines Monats ab Zustellung des Urteils in vollständiger Form eingelegt werden.
Rz. 4
Bei richterlichenFristen wird – wie bereits der Name andeutet – die Frist von dem zuständigen Gericht bestimmt. Das Gericht kann beispielsweise gem. § 275 Abs. 1 S. 1 ZPO dem Beklagten zur Vorbereitung eines frühen ersten Termins zur mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung setzen.
Richterliche Fristen sind daher Fristen, deren konkrete Dauer sich nicht aus dem Gesetz ergibt. Die Grundlage dafür, dass überhaupt eine Frist durch den Richter gesetzt werden kann, findet sich aber durchaus im Gesetz, wie man an § 275 Abs. 1 S. 1 ZPO schön sehen kann.
2. Notfristen
Rz. 5
Außer den normalen gesetzlichen Fristen kennt das Gesetz auch die so genannten Notfristen, die im Unterschied zu anderen gesetzlichen Fristen gem. § 224 ZPO weder verkürzt noch verlängert werden können und auch beim Ruhen des Verfahrens (§ 251 Abs. 1 S. 2, § 233 ZPO) weiterlaufen. Notfristen sind nur solche, die vom Gesetz ausdrücklich als Notfristen bezeichnet sind, § 224 Abs. 1 S. 2 ZPO. Richterliche Fristen sind nie Notfristen.
Rz. 6
Wichtige Notfristen aus der ZPO sind:
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die Frist von einem Monat zur Einlegung (nicht Begründung) der Berufung gem. § 517 ZPO, |
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die Frist von einem Monat zur Einlegung der Revision gem. § 548 ZPO, |
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die Frist von zwei Wochen zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gem. § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO gegen einen gerichtlichen Beschluss, |
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die Frist von zwei Wochen zur Einlegung des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil gem. § 339 ZPO (bei Zustellung des Urteils im Ausland von einem Monat), |
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die Frist von zwei Wochen zur Einlegung der befristeten Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss gem. §§ 104 Abs. 3, 569 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 11 Abs. 2 S. 1, § 21 RPflG, |
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die Frist von zwei Wochen zur Anzeige der Verteidigungsabsicht gegen eine Klage bei angeordnetem schriftlichen Vorverfahren gem. § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO (bei Zustellung der Klage im Ausland von einem Monat; der Richter kann eine längere Frist bestimmen), |
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die Frist von zwei Wochen zum Widerspruch des Beklagten gegen die Klagerücknahme, § 269 Abs. 2 S. 2 ZPO, |
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die Frist von einem Monat zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, § 544 Abs. 1 S. 2 ZPO, |
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die Frist von einem Monat zur Einlegung der Rechtsbeschwerde, § 575 Abs. 1 ZPO. |
Rz. 7
Eine weitere Besonderheit von Notfristen besteht darin, dass im Falle einer schuldlosen Fristversäumung gem. § 233 ZPO für die verhinderte Partei die Möglichkeit besteht, auf Antrag die gerichtliche Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erreichen (dazu unten Rdn 8 in diesem Kapitel).