I. Problemstellung
Rz. 3
Beim gemeinschaftlichen Testament gehen die Freibeträge des Erstversterbenden gegenüber den als Schlusserben eingesetzten Abkömmlinge verloren und der (steuerpflichtige) Erwerb des Längerlebenden wird erhöht. Daneben konzentriert sich die gesamte steuerpflichtige Erbmasse bei dem überlebenden Elternteil, so dass im zweiten Erbfall die Gefahr einer höheren Progressionsbelastung besteht. Diesen Nachteilen kann dadurch begegnet werden, dass nach dem erstversterbenden Ehegatten Vermächtnisse zugunsten der Abkömmlinge angeordnet werden.
II. "Supervermächtnis"
1. Allgemeines
Rz. 4
Alternativ kommt – als flexible Regelung – die Anordnung eines sog. Supervermächtnisses in Betracht. Dessen zivilrechtliche Wirksamkeit – eine etwaige Unwirksamkeit ist steuerlich grundsätzlich unschädlich (siehe dazu Rdn 28>) – ist zwischenzeitlich von der Rechtsprechung anerkannt. Als zivilrechtlicher Einstieg in das Thema kann die Regelung des § 2065 Abs. 2 BGB dienen, wonach der Erblasser die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstandes der Zuwendung nicht einem anderen überlassen kann. Diesen Grundsatz der Höchstpersönlichkeit von Verfügungen von Todes wegen weichen die §§ 2151 ff. BGB auf. Danach kann der Erblasser (bei mehreren Vermächtnisnehmern) anordnen, dass
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der Beschwerte (oder ein Dritter) zu bestimmen hat, wer von den mehreren das Vermächtnis erhalten soll (§ 2151 Abs. 1 BGB), |
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der Beschwerte (oder ein Dritter) zu bestimmen hat, was jeder von einem vermachten Gegenstand erhalten soll (§ 2153 Abs. 1 BGB), |
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der Beschwerte wählen kann, welchen von mehreren Gegenständen der Bedachte erhalten soll (§ 2154 Abs. 1 BGB), |
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die Fälligkeit eines Vermächtnisses dem freien Belieben des Beschwerten überlassen wird (§ 2181 BGB), |
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bei der Anordnung eines Vermächtnisses, dessen Zweck er bestimmt hat, die Bestimmung der Leistung dem billigen Ermessen des Beschwerten überlassen wird (§ 2156 BGB). |
Rz. 5
Aus der Kumulation dieser Bestimmungsmöglichkeiten ergibt sich das sog. Supervermächtnis.
2. Zweck des Vermächtnisses
Rz. 6
Im Zentrum des Supervermächtnisses steht das Zweckvermächtnis i.S.d. § 2156 BGB. Dieses räumt dem Beschwerten, also dem überlebenden Ehegatten, die Möglichkeit ein, den Umfang der von ihm an die Schlusserben geschuldeten Leistung nach billigem Ermessen vollumfänglich zu bestimmen. Als vom Erblasser verfolgter bzw. angeordneter Zweck reicht zur zivilrechtlichen Wirksamkeit die Erbschaftsteuerersparnis durch Nutzung der Freibeträge nach dem Erstversterbenden für sich genommen bereits aus. Da die zivilrechtliche Wirksamkeit des Supervermächtnisses in der Literatur wohl nicht ganz unumstritten ist – es wird argumentiert, es fehle an einer ausreichend bestimmten Zweckangabe –, kann kumulativ zur Steuerersparnis als weiterer Zweck des Vermächtnisses die "Abfindung vom elterlichen Vermögen" angeordneten werden, den der BGH für sich genommen bereits als hinreichend bestimmt anerkennt (siehe dazu Rdn 28>).
3. Bestimmung der Person des Begünstigten und der Anteile
Rz. 7
Die Regelungen des § 2151 BGB und § 2153 BGB betreffen die Verteilung unter mehreren Vermächtnisnehmern (gemeinsame Abkömmlinge) und sollten im Rahmen der Beratung und Gestaltung nicht unterschätzt werden. Sie bieten dem Überlebenden nämlich größtmögliche Flexibilität: Dieser kann etwa einem Abkömmling gar nichts und dem anderen wertmäßig den vollen zur Verfügung stehenden Freibetrag aus dem Nachlass des Erstversterbenden zukommen lassen. Die Regelungen wirken also ähnlich wie eine Öffnungsklausel, bei der der Erstversterbende dem überlebenden Ehegatten umfassende (Auswahl-)Rechte bezüglich der Verteilung seines Nachlasses einräumt. Im Lichte dieses Konfliktpotentials muss dies von den testierenden Ehegatten – bei allen steuerlichen Effekten – auch verstanden und gewollt sein.
Rz. 8
Sowohl das Bestimmungsrecht der Person des Begünstigten durch den Beschwerten als auch das der Anteile der Bedachten an einem Vermächtnisgegenstand sehen die Möglichkeit einer Fristsetzung durch das Nachlassgericht auf Antrag eines Bedachten vor, § 2151 Abs. 3 BGB bzw. § 2153 Abs. 2 BGB. Verstreicht diese Frist, sind die Bedachten Gesamtgläubiger bzw. zu gleichen Teilen berechtigt. Diese Regelung bietet den Bedachten ein in der Regel nicht gewolltes Druckmittel gegen den überlebenden Ehegatten, welches das Ziel des Supervermächtnisses – nämlich dessen größtmögliche, auch zeitliche Flexibilität für die Bestimmung und Erfüllung zu erreichen – beschränkt.
Rz. 9
Um dem entgegenzuwirken, kommen zwei zusätzliche Anordnungen in Betracht:
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Zum einen wird ein Beteiligter als Vermächtnisnehmer ausgeschlossen, wenn er einen entsprechenden Antrag stellt, und |
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zum anderen wird angeordnet, dass eine Fr... |